Page 21 - Schiedsrichter-Zeitung
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Hinweis aus dem Video-Assist-Center, denn ähnlich wie im vierten Beispiel sprechen das Trefferbild und die Dynamik deutlich für einen Feldverweis. Nach dem On-Field-Review ändert der Schiedsrichter dann auch seine Entscheidung: Der Bielefelder bekommt statt der Gelben die Rote Karte. Und das ist – daran ändert auch der Ballkontakt nichts – vollauf gerechtfertigt.
deshalb erhebt er auch keinen Protest gegen den voll- kommen berechtigten Feldverweis.
8 Hertha BSC – Union Berlin (10. Spieltag)
Wenn man in solch luftiger Höhe mit dem Fuß zum Ball geht, wie es Robert Andrich hier tut (Foto 8a), sollte dabei kein Gegner in der Nähe sein, denn sonst gefähr- det man dessen körperliche Unversehrtheit. Andrich spielt zwar zunächst den Ball, um den sich auch Lucas Tousart mit dem Kopf bemüht, doch anschließend trifft er mit den Stollen seines rechten Schuhs seinen Gegen- spieler an Hals und Kopf (Foto 8b). Auch hier muss keine böse Absicht vorliegen, damit das Urteil lautet: übermäßige Härte. Der Feldverweis, den der Schieds- richter ausspricht, ist somit absolut korrekt.
Wie hat es DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Lutz Wagner noch auf der virtuellen Tagung der Lehrwarte im November des vergangenen Jahres formuliert (siehe Schiedsrichter-Zeitung 01/2021)? „Kann der Spieler den Gegner sehen und nimmt er das Foul trotzdem billigend in Kauf, indem er etwa mit vorgestreckter Sohle zu Werke geht und den Gegner im Brust-, Hals- oder gar Kopfbereich trifft, dann ist das brutales Spiel.“ In einem solchen Fall bleibe nur die Rote Karte als Persönliche Strafe. „Sieht er aber den Gegner nicht und agiert er außerdem ballorientiert, dann kann das Foulspiel als rücksichtslos bewertet werden, und der Schiedsrichter kann es bei einer Verwarnung belas- sen.“ Da sich Tousart unmittelbar vor Andrich befand, war der Fall eindeutig: Hier kam nur die Rote Karte in Betracht.
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Borussia Dortmund – Hertha BSC (25. Spieltag)
Man kann wohl guten Gewissens davon ausgehen, dass der Berliner Vladimir Darida den Ball spielen will, als er kurz hinter der Mittellinie zum Tackling gegen Marco Reus ansetzt (Foto 7a). Das zeigt schon seine Reaktion, als ihm das nicht gelingt und er den Dortmunder statt- dessen mit den Stollen an der Achillessehne trifft (Foto 7b): Noch im Fallen hebt Darida entschuldigend die Hand, anschließend kümmert er sich um Reus, der sich vor Schmerzen am Boden krümmt, und nimmt auch die Rote Karte des ideal postierten Schiedsrichters ohne jeden Widerspruch entgegen.
Es ist mit Blick auf die Persönliche Strafe zwar nicht immer völlig unerheblich, was ein Spieler mutmaßlich oder gar offensichtlich vorhat, ob er also den Ball spie- len kann und will. Aber am Ende ist die Absicht weniger bedeutsam als das Ergebnis einer Handlung – und oft auch nicht so klar festzustellen. Wer bei einer gewagten Grätsche den Ball verfehlt und stattdessen einen geg- nerischen Spieler trifft, noch dazu an einer verletzungs- anfälligen Stelle des Körpers, muss jedenfalls die Kon- sequenzen tragen. Das ist Darida augenscheinlich klar,
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     8A
  http://bit.ly/SZ-03-21-Szene-08
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8a_Andrich spielt zwar auch den Ball, doch diese Spielweise stellt eine Gefahr für Tousart dar, der mit dem Kopf zum Ball geht ...
8b_... und von Andrich schließlich mit den Stollen an Hals und Kopf getroffen wird. Hier kann es nur eine Entscheidung geben, nämlich den Feldverweis.
8B
 


















































































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