Page 10 - Schiedsrichter-Zeitung
P. 10

10
RESTART
DFB-SCHIEDSRICHTER-ZEITUNG 04|2021
jedes Jahr neue Regeln und müssen sie umsetzen. Wäh- rend in Firmen das ‚Changemanagement‘ manchmal drei Jahre lang dauert, bekommen wir das in einem Monat hin. Wir sind klasse! Wir könnten mit unseren Qualitäten in jedem großen Unternehmen sofort anfan- gen“, sagt Wagner. Wobei sich nicht nur die Regeln ver- ändern, sondern auch die Taktik der Teams. Trainer ver- dichten, lassen ihre Spieler verschieben, machen eng. Plötzlich bricht aus dem engen Raum innerhalb des Spielfeldes ein Spieler aus, die Partie „explodiert“. Folge: Schiedsrichter müssen schnell hinterher. Dazu müssen sie topfit und sprintstark sein. Im Bereich des engeren Raums gibt es viel mehr Zweikämpfe, die es zu beurtei- len gibt, und die Abfolge ist wesentlich dichter. Top- spieler haben deutlich mehr Ballkontakte als früher.
„Wir Schiedsrichter brauchen Spiele, wir brauchen Praxis.“ Lutz Wagner, DFB-Lehrwart
Auf was die Schiedsrichter im Amateurbereich stattdessen zurückgreifen können, sind Werk- zeuge, die ihnen helfen, nach der langen Pause wieder zurück ins Spiel zu finden. Für die Unpar- teiischen an der Basis gilt es, sie für den Restart zu reaktivieren. DFB-Lehrwart Lutz Wagner führt zehn von ihnen an:
INTERESSE ZEIGEN
Jeder Schiedsrichter sollte Bescheid wissen, was in der Bundesliga los war. Er sollte sich mit aktuellen kniffli- gen Szenen und Entscheidungen auseinandergesetzt haben. Information ist Voraussetzung. Oder wie Lutz Wagner es formuliert: „Wir müssen unser Hobby lieben, das heißt, wir müssen uns dafür interessieren. Wir müs- sen permanent brennen und immer auf dem neuesten Stand sein.“
SICH FACHLICH INFORMIEREN
„Du musst als Spielleiter absolut kompetent sein. Basis ist eine hundertprozentige Regelsicherheit. Was hat sich seit meinem letzten Spiel verändert? Was gibt es an Neuerungen?“ Mit solchen Fragen sollte sich der Unpar- teiische rechtzeitig vor der Abfahrt zu seinem ersten Spiel nach dem Restart befassen.
COOL BLEIBEN
„Senden und Empfangen“ sind wichtige Parameter für eine erfolgreiche Spielleitung. Wie geht ihr mit Kritik um? Ein Schiedsrichter hat zwar die Strafgewalt auf dem Platz, sollte jedoch nicht zur Eskalation beitragen (indem er beispielsweise das Spielfeld verlässt, um einen Offi- ziellen auf der Trainerbank zu sanktionieren). Eine gewisse Emotionalität sollte nicht vom Schiedsrichter kommen, sondern er sollte sie stattdessen herausnehmen. Es geht um eine gute Signal- und eine nachhaltige Außenwir- kung.
  Bei Abstößen, die inzwischen im Strafraum quer gespielt werden dürfen, gehen die Angreifer früher drauf. Der Schiedsrichter muss sich näher dorthin positionieren, weil bisweilen der erste Zweikampf bereits an der Grund- linie erfolgt. Gleichzeitig muss er in der Lage sein, einem langen Ball durchs Mittelfeld zügig zu folgen. Und wenn ein Abwehrspieler sich im Strafraum einem Angreifer entgegenstellt, hat er neuerdings oftmals die Hände nach hinten verschränkt, um ein strafbares Handspiel und damit einen Strafstoß zu vermeiden. „Vieles hat sich verändert durch Veränderungen der Regeln. Das alles zu erfassen und richtig zu beurteilen, geht nur über Teamarbeit.“ Dabei gibt es den Videobeweis nicht in der Kreis- oder in der Bezirksliga, sondern nur ganz oben in den Bundesligen. Bei mehr als 70.000 Fußballspielen pro Wochenende in Deutschland sind es nur ganze 18 Partien, bei denen das Video-Assist-Center in Köln draufschaut.
  Wenn es wieder losgeht, müssen die Schiedsrichter gewisse Automatismen
wieder draufhaben, zum Beispiel auch
im Bereich der Disziplinarkontrolle.



















































































   8   9   10   11   12