Page 12 - DFB-Schiedsrichterzeitung 06-2020
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       Nicht nur ein
       Schiedsrichter-Team,
       sondern auch beste
       Freunde: Florian
       Badstübner mit seinen
       Assistenten Patrick
       Hanslbauer (links) und
       Roman Potemkin.

                        Jugendlichen. Es sollte jedoch ganz anders kommen.   Davon kann heute keine Rede mehr sein. Mit akribi-
                        Nach vier Wochen merkte Florian, dass er gar keine   scher Online-Arbeit, ausgefeiltem Trainingsprogramm
                        Zeit hatte, ins Stadion zu gehen. „Ich pfiff jedes Wochen-  und geordnetem Alltagsleben versucht er, jeden Tag
                        ende Spiele – freitags, samstags und sonntags.“ Hat   etwas besser zu werden. Dazu gehört auch eine Art
                        er damals schon an Bundesliga gedacht? „Niemals“,   Unbekümmertheit. „Ich gehe nicht verbissen an die
                        antwortet er wie aus der Pistole geschossen.  Aufgaben heran, um unbedingt schnell ganz oben sein
                                                                     zu wollen. Trotzdem mache ich das, was ich tue, zu
                        Der junge Florian hatte einfach Spaß am Schiedsrich-  100 Prozent“, beschreibt er seinen persönlichen Match-
                        tern. „Wenn jemand von meiner Heimatgruppe ange-  plan. Eine absolute Bereitschaft zu zeigen, um gute
                        rufen hat, habe ich immer Ja gesagt.“ Das Umfeld   Leistungen zu erbringen, dabei stets authentisch zu
                        passte. Seine Eltern unterstützten ihn und fuhren ihn   bleiben und zu wissen, dass es neben dem Fußball
                        zu jedem Spiel. In seinem Obmann Willi Baßler hatte   noch etwas anderes im Leben gibt: Diese Mischung
                        er einen großen Fürsprecher. So kletterte er – quasi   macht es für ihn aus.
                        vom Erfolg getragen – kontinuierlich jedes Jahr eine
                        Sprosse (Spielklasse) nach oben. Mit 19 war Florian   Florian sieht sich als Sportler – wie die Spieler. „Ich will
                        schon in der Bayernliga (Oberliga) angekommen.   einfach nur diesem Sport nachgehen.“ Deswegen legt
                                                                     er bei seinen Spielleitungen grundsätzlich eine mensch-
                        Als er später nach nur einem Jahr Regionalliga und   liche Art an den Tag und versucht, viel mit den Akteu-
                        noch ohne Assistenten-Erfahrung in der 3. Liga genau   ren zu kommunizieren. In der Außendarstellung wirkt
                        in diese aufstieg, war nicht nur er selbst „extrem über-  er ruhig. Nicht gut Kirschen essen ist mit ihm jedoch,
                        rascht“. „Das war schwer damals, so ohne jegliche   „wenn mich jemand respektlos behandelt“. Bei allem
                        Akzeptanz.“ Doch Florian biss sich weiter durch. Beglei-  Erfolg ist er bodenständig geblieben.
                        tet von seinem Coach Bernhard Zerr, gelang ihm ein
                        „sehr, sehr gutes“ drittes Jahr in der 3. Liga, verbunden   Dass es aufgrund von Corona zunächst einmal keine
                        mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga. Dort sammelte   vollen Bundesliga-Stadien geben wird, kommt Badstüb-
                        er vier weitere Jahre wertvolle Erfahrungen und setzte   ner durchaus entgegen: „So wird man langsam an die
                        Duftmarken.                                  Klasse herangeführt, man kann leichter reinwachsen“,
                                                                     sagt er. Doch lieber ist es ihm, in einem vollen Stadion
                        Und nun Bundesliga. „Für mich ist das alles andere als   zu pfeifen. „Je größer die Zuschauerzahl, desto besser.“
                        eine Selbstverständlichkeit. Das ist Wahnsinn!“, sagt
                        der 29-Jährige mit großer Freude und gleichzeitig mit   Die weiteren Ziele sind klar: gute erste Spiele, eine gute
                        großem Respekt. Im Rückblick auf frühere Zeiten, als   erste Saison und sich dann etablieren. „Und so bleiben,
                        die Schiedsrichterei für ihn noch ein reines Hobby   wie ich bin.“ Das alles habe er sich in der Vergangen-
                        gewesen sei, erkenne er nun, „wie unprofessionell ich   heit für jede Saison vorgenommen. Eine Strategie, die
                        damals aufgestellt war“.                     bisher sehr gut aufgegangen ist.
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