Page 30 - DFB-Schiedsrichterzeitung 05-2018
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REFEREE AM MIKRO
Der Leipziger Schiedsrichter Florian Eib war bei der Fußball-
Weltmeisterschaft ebenfalls im Einsatz. Allerdings nicht in
der Rolle des Unparteiischen, sondern als Kommentator für
Sehbehinderte bei Übertragungen des ZDF.
Kopf bei jedem Schritt oben, er sucht die Anspielsta-
tion in der Spitze, jetzt der Pass in die Gasse. Werner
ist gestartet, der Ball aber, mit zu viel Schwung gespielt,
landet in den Armen des südkoreanischen Keepers,
der ihn direkt wieder zu seinem Mitspieler rechts neben
dem Strafraum abrollt.“
Im Gegensatz zum Hauptkommentator wurde im Zweit-
kanalton über die komplette Spielzeit gesprochen und
versucht, stets „auf Ballhöhe“ zu sein. Um auch mal eine
Sprechpause nehmen zu können, gab es immer zwei
Kommentatoren pro Spiel. „Wir wollten den Zuhörern
das Gefühl vermitteln, dass sie nichts auf dem Feld ver-
passen, was möglicherweise interessant sein könnte“,
erklärt Florian Eib. „Auch sehbehinderte und blinde
Menschen wollen sportliche Großereignisse wie Welt-
meisterschaften so gut wie möglich verfolgen. Auf diese
Weise konnten sie im Nachhinein etwa in einer Kneipe
über Spielszenen sprechen, wussten, wer den Ball wie
auf das Tor gebracht hat und wo er dann letztlich rein-
ging.“
Neun Vorrunden-Spiele durfte Florian Eib vom Studio
in Baden-Baden aus kommentieren. Er war unter ande-
TE X T ei der Fußball-Weltmeisterschaft wurde jedes Spiel rem bei Frankreich gegen Peru, Brasilien gegen Serbien
Lars Albert in den öffentlich-rechtlichen Sendern mit einer und auch beim bitteren Vorrunden-Aus der deutschen
B Live-Audiodeskription für sehbehinderte und Nationalmannschaft gegen Südkorea im Einsatz. Im ver-
blinde Fans angeboten. Neben dem Hauptkommentar gangenen Jahr kommentierte der 27-Jährige auch schon
wurde diese Spielbeschreibung auf einem zweiten Audio- die deutsche U 21-Auswahl zum Europameistertitel und
kanal gesendet, der bei jedem modernen Fernseher musste auch für das Ausscheiden der Frauen-National-
über die Fernbedienung eingestellt werden kann. Statt mannschaft bei der EM in den Niederlanden die richti-
Béla Réthy waren dann eben Florian Eib und seine Kol- gen Worte finden.
legen zu hören.
Neben einer sehr guten Kenntnis des Sports und der
Der Stadtliga-Schiedsrichter aus Leipzig durfte als einer Spieler ist natürlich auch das Spielverständnis aus Sicht
von vier Kommentatoren im ZDF Länderspiele der WM eines Schiedsrichters eine wertvolle Erfahrung, die Flo-
in eine Art Bildsprache übersetzen, die man auch Audio- rian Eib in seinen Kommentar einbauen kann: „Tatsäch-
deskription nennt. Dieser Kommentar ist vergleichbar lich fällt es mir oft leichter als meinen Kollegen, anhand
mit einer Radio-Reportage. Hört man allerdings genauer der Körpersprache oder der Spielsituation zu erkennen,
hin, dann bemerkt man, dass viele Dinge noch wesent- welche Entscheidung vom Schiedsrichter-Team getrof-
lich detaillierter beschrieben werden: wo sich der Ball fen wird, oder auch eine Bewertung abzugeben, ob diese
auf dem Spielfeld befindet, das Zweikampfverhalten von Entscheidung so in Ordnung geht. Häufig versuche ich
Spielern, Torwartparaden und vieles mehr. Wenn Florian zu erklären, dass Entscheidungen im Fußball nicht immer
Eib ein Fußballspiel kommentierte, klang das so: schwarz oder weiß sind. So können die Zuschauer dann
hoffentlich auch ein anderes Verständnis für die ein oder
„Hummels am Ball, zehn Meter noch in der eigenen andere Situation aufbringen. Interessanterweise wissen
Florian Eib im ZDF-
Studio in Baden- Hälfte. Nimmt Tempo auf und treibt den Ball mit tra- unsere sehbehinderten und blinden Zuschauer dadurch
Baden. benden Schritten halblinks über die Mittellinie. Den oft ein bisschen besser Bescheid“, freut sich Florian Eib.