Page 29 - DFB-Schiedsrichterzeitung 05-2018
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elix Brych machte aus seiner Unzufriedenheit kei- Bundesligaprofi mit einer Geldstrafe in Höhe von 5.000 TE X T
nen Hehl. „Der Verlauf der WM ist für mich und Schweizer Franken belegt. Warum Felix Brych keine wei- Alex Feuerherdt
F mein Team natürlich eine herbe Enttäuschung“, teren Spiele mehr leiten durfte, ist unklar. Von der FIFA
sagte er, als nach dem Achtelfinale feststand, dass es gab es dazu keine Begründung.
für ihn bei nur einer Spielleitung in Russland bleiben
würde. Gleichzeitig schaute er nach vorne: „Aber das Neben Brych musste auch sein Assistent Stefan Lupp
Leben geht weiter und wir kommen wieder.“ nach dem Achtelfinale die Heimreise antreten. Brychs
anderer Assistent Mark Borsch dagegen blieb in Russ-
Lutz Michael Fröhlich, der Leiter der DFB-Schiedsrichter- land, er wurde im Turnierverlauf achtmal als zweiter
Kommission Elite, fühlte mit ihm: „Natürlich ist es für „Assistant Video Assistant Referee“ (AVAR) in der Video-
Felix Brych persönlich und generell das deutsche Zentrale in Moskau eingesetzt. Als Helfer des jeweiligen
Schiedsrichterwesen ein Stück weit enttäuschend, dass Video-Assistenten (VAR) überprüfte er dort schwer-
unser Top-Schiedsrichter bei der WM nur einmal zum punktmäßig mögliche Abseitssituationen. Die deutschen
Einsatz gekommen ist. Vor allem auch, weil sich durch FIFA-Schiedsrichter Felix Zwayer und Bastian Dankert
das frühe Ausscheiden der deutschen Nationalmann- waren ebenfalls während des gesamten Turnierverlaufs
schaft eine seltene Perspektive für Felix ergeben hat.“ im „VAR-Room“ im Einsatz. Zwayer fungierte in acht Par-
tien als Video-Assistent und in weiteren acht als einer
Die FIFA hatte Brych bei seiner zweiten WM mit der Lei- von drei Helfern des jeweiligen VAR.
tung der Vorrundenpartie zwischen Serbien und der
Schweiz (1:2) beauftragt und ihn damit zu einem der Bei seinen Einsätzen als Video-Assistent trug er dreimal
heikelsten Spiele überhaupt entsandt. Das geschah nicht maßgeblich dazu bei, dass eine klare und offensichtli-
zuletzt vor dem Hintergrund, dass bei den Schweizern che Fehlentscheidung des Schiedsrichters korrigiert
mehrere Spieler mit kosovarisch-albanischen Wurzeln wurde: Im Spiel Peru gegen Dänemark (0:1) bekamen
im Kader und der Startelf standen, was mit Blick auf die die Peruaner nach seiner Intervention nachträglich einen
Geschichte und Gegenwart des Balkans auch einige Strafstoß zugesprochen; in der Partie zwischen Spanien
politische Brisanz barg. und Marokko (2:2) führte sein Eingriff dazu, dass der
ursprünglich wegen Abseits annullierte spanische Aus-
In solchen Begegnungen braucht es einen international gleichstreffer kurz vor Schluss doch noch zählte; in der
erfahrenen Schiedsrichter wie Felix Brych, der kühlen Begegnung Schweiz gegen Costa Rica (2:2) informierte
Kopf bewahrt. Der deutsche Referee hatte die hitzige Zwayer den Unparteiischen, dass einer Straf stoß ent-
Partie dann auch fest im Griff, weshalb Fröhlich nach schei dung für Costa Rica ein strafbares Abseits voraus-
dem Schlusspfiff sagte: „Gratulation an Felix Brych und gegangen war.
sein Team zu der gelungenen Spielleitung in einem pha-
senweise schwierigen Spiel.“ Bastian Dankert war in 17 Spielen als Video-Assistent
oder AVAR tätig – auf mehr Einsätze in Moskau kam nur
Die Serben waren allerdings aufgebracht, weil sie in sein niederländischer Kollege Danny Makkelie. Wie Felix
einer extrem schwer zu beurteilenden Strafraumsitua- Zwayer war auch der Rostocker in fünf K.o.-Partien ab
tion in der 66. Minute nicht den von ihnen geforderten dem Achtelfinale dabei. Beide gehörten im Halbfinale
Elfmeter bekommen hatten. Ihr Trainer Mladen Krstajić Kroatien gegen England (2:1 nach Verlängerung) dem
ließ sich sogar zu der Bemerkung hinreißen, er würde Team von VAR Makkelie an, Dankert unterstützte zudem
Brych „nach Den Haag schicken“ – eine Anspielung auf im Spiel um den dritten Platz zwischen Belgien und Eng-
den Sitz des Kriegsverbrecher-Tribunals für das ehema- land (2:0) den amerikanischen Video-Assistenten Mark
lige Jugoslawien. Für seine Äußerung wurde der frühere Geiger.