Page 10 - DFB-Schiedsrichterzeitung 06-2018
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„KLARE REGELN FÜR DIE
KOMMUNIKATION“
Im SRZ-Interview spricht Dr. Jochen Drees unter anderem
über die Transparenz von Entscheidungen sowie die
Schwierigkeiten bei interpretierbaren Situationen.
I NTE RV IE W ach einer zweijährigen Testphase, in der Bun- entscheidungen korrigiert werden. Dennoch hat man
Alex Feuerherdt desliga in der vergangenen Spielzeit 2017/2018 mit Blick auf die Reaktionen von Fans und Medien den
Nbereits „online“ praktiziert, wird der Video- Eindruck, dass es lange keine Neuerung im Fußball
Assistent in der höchsten Spielklasse nun bei allen mehr gab, die so umstritten war. Warum ist das so, und
306 Begegnungen offiziell eingesetzt und ist auch wie fällt Ihre persönliche Bilanz seit der Einführung aus?
fest im Regelwerk verankert. Mithilfe der Video-Assis- Es ist eine Neuerung, die in manchen Situationen einen
tenten konnten viele klare und offensichtliche Fehl- erheblichen Einfluss auf den Spielablauf haben kann.
Wenn das Spiel unterbrochen ist, ein Check abläuft, der
Schiedsrichter sich eine Situation am Monitor anschaut,
dann dauert das natürlich einen Moment. Und wenn ein
Tor erzielt wird, ist die Spannung bei Fans und Spielern
teilweise groß. Viele sagen: Man kann sich gar nicht
mehr richtig freuen. Deshalb will ich in meiner neuen
Funktion als Leiter des Bereichs Video-Assistent dazu
beitragen, die Akzeptanz für den Video-Assistenten wei-
ter zu verbessern. Tatsache ist aber auch, dass etliche
falsche Entscheidungen korrigiert worden sind. Das ist
auch der Sinn, den dieses Hilfsmittel erfüllen soll, näm-
lich den Fußball gerechter zu machen, so abgedroschen
es klingen mag. Es wird auch in dieser Saison Situatio-
nen geben, die nicht richtig gelöst werden oder bei
denen der Ablauf nicht vollends befriedigend ist. Aber
daran arbeiten wir permanent.
Bei der Weltmeisterschaft in Russland gab es viel Lob
für den Video-Assistenten, in den öffentlichen Reak-
tionen hieß es oft: Das läuft besser als in der Bundes-
liga. Die Linie beim Einsatz sei klarer, die Abläufe seien
transparenter. Stimmt das?
Die Vorrunde der vergangenen Saison war sicherlich
nicht so gut, aber die Rückrunde war auf dem Niveau,
das die WM hatte. Das zeigen auch die Zahlen. Der Grund,
warum das viele anders sehen, liegt für mich auf der
Hand: Die emotionale Betroffenheit bei uns in der Bun-
desliga ist eine ganz andere als bei einer WM. Wenn
Kolumbien gegen Senegal spielt, dann ist das zwar viel-
leicht ein schönes Spiel, aber es interessiert uns wahr-
scheinlich weniger, ob nun die einen oder die anderen
gewinnen und ob der Video-Assistent funktioniert oder
nicht. Wenn aber bei Hoffenheim gegen Mainz oder bei
Freiburg gegen Hannover irgendetwas nicht richtig läuft,
dann ist das natürlich mit ganz anderen Empfindlichkei-
ten besetzt. Außerdem war die Erwartungshaltung in
Russland eine andere. Vor der WM hat jeder gesagt: Das
Dr. Jochen Drees hat offiziell am 1. Oktober seine neue Arbeitsstelle angetreten: wird nie funktionieren, denn die meisten haben damit
In Köln ist er der verantwortliche Mann für den Bereich Video-Assistent. keine Erfahrung. Und dann hat es doch sehr gut geklappt.