Page 31 - DFB-Schiedsrichterzeitung 04-2019
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ine halbe Stunde ist es noch bis zum Anpfiff, als fie. Heute trägt er nicht mehr die Fahne, sondern die TE X T
sich die insgesamt 400 Volunteers im Spielertun- Verantwortung: „Das Volunteer-Team besteht vorwie- David Bittner
E nel aufstellen. Während sich draußen bereits die gend aus Schiedsrichtern ganz verschiedenen Alters,
Fans in den Kurven warm singen, sind die jungen Men- größtenteils aus Berlin. Diese konnten sich im Vorfeld
schen voll auf ihre bevorstehende Aufgabe fokussiert: über eine Online-Plattform für die Aufgabe bewerben.
Bevor das Spiel beginnt, werden sie auf dem Rasen eine Bei der Auswahl spielten dann Kriterien wie Zuverläs-
Choreografie mit insgesamt 69 bunten Fahnen insze- sigkeit, sportliche Fitness und vor allem auch Teamfä-
nieren. higkeit eine Rolle.“
Für das mit Abstand größte Element der Choreografie,
eine rund 35 Meter lange Fahne, die am Mittelkreis auf-
gespannt wird und die den DFB-Pokal abbildet, ist eine
Gruppe Berliner Referees verantwortlich. In ihren
schwarz-weißen Trainingsanzügen und roten Schuhen
sind sie leicht von den anderen freiwilligen Helfern zu
unterscheiden.
Vor den voll besetzten Zuschauerrängen gehen die Refe-
rees eine halbe Runde über die Laufbahn im Stadion,
heben die riesige Fahne auf ihre Schultern und legen
sie schließlich auf der Mittellinie aus. Als ein paar Minu-
ten später die Teams des FC Bayern München und von
RB Leipzig den Rasen betreten, geht es plötzlich ganz
schnell: Auf Kommando ziehen die Volunteers im Rück-
wärtssprint die Fahne auseinander und spannen sie auf,
indem sie ihre Oberkörper nach hinten lehnen. Für die
Zuschauer im Stadion und an den Fernsehgeräten ergibt
sich in diesem Moment ein wunderbares Bild auf dem Kurz zuvor: Die
Rasen. So kommt es, dass viele Volunteers schon seit Jahren freiwilligen Helfer
mit dabei sind. Wer seinen Job gut und gewissenhaft warten auf das
Das Schiedsrichter-Team um Tobias Stieler führt die gemacht hat, wird auch im nächsten Jahr gerne wieder Kommando, ...
Mannschaften auf das Feld. Während die Nationalhymne gefragt. Cornelius Grigoleitis beispielsweise ist in die-
ertönt, stehen die Unparteiischen aus dem Berliner Fuß- sem Jahr zum fünften Mal nacheinander mit dabei: „Es
ball-Verband nur einige Meter neben den Hauptakteu- ist ein unglaublich tolles Gefühl, das kaum in Worte zu
ren. Und ein paar Minuten später ist die Fahne genauso fassen ist“, beschreibt der 34-Jährige den Moment, wenn
schnell wieder zusammengerollt, wie sie vorher ausei- man unmittelbar vor dem Anpfiff auf dem Rasen stehen
nandergerollt war. darf. „Es ist eine Mischung aus Anspannung gepaart mit
Gänsehaut und Stolz – einfach großartig!“
Wer die Volunteers bei ihrer Arbeit beobachtet, stellt
schnell fest, dass die Abläufe exakt einstudiert sind. Luca Schlosser zählt zu den wenigen „Auswärtigen“,
Bereits am Tag zuvor hatten die vielen Freiwilligen mit die auf dem Rasen mitwirken. Über einen Schiedsrich-
ihren Vorbereitungen begonnen. Auf einem Nebenplatz ter-Kollegen aus Berlin wurde der Rheinländer auf die
des Olympiastadions probten sie die Choreografie ein, Arbeit der Berliner Volunteers aufmerksam und bewarb
wiederholten die Abläufe unzählige Male hintereinan- sich ebenfalls. Auch für den 26-Jährigen ist das dies-
der. Immer wieder wurde an einzelnen Stellen feinjus- jährige Pokalfinale sein persönlich fünftes, das er im ... die Pokal-Fahne
tiert: die Abstände zwischen den Fahnenträgern, das auseinanderzuziehen.
Tempo, in dem sie den Rasen betraten, die Spannung,
mit der sie die Fahnen festhielten.
Ziel war es, dass die Choreografie am Ende geordnet
ablief, dass jeder Teilnehmer in jeder Sekunde das Rich-
tige tat und die Bewegungen synchron aussahen. „400
Menschen auf einem Platz so zu bewegen, dass es gut
aussieht, das schafft normalerweise nur das Militär“, sagt
Cordula Münchmeyer. Sie ist die Verantwortliche von
der Firma „Industrial Theater“, die die Inszenierung vor
dem Spiel geplant hat.
Um die Zusammenstellung der Innenraum-Crew, also
der Volunteers am Mittelkreis, hat sich im Vorfeld Ste-
fan Schumacher gekümmert. Er ist Mitglied im Lehrstab
des Berliner Schiedsrichterausschusses. Als Jugendli-
cher hat er einst selbst aktiv beim Pokalfinale mitge-
wirkt, zunächst als Balljunge, später bei der Choreogra-