Page 28 - DFB-Schiedsrichterzeitung 04-2019
P. 28
28 A NALY SE
D FB -S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 0 4 | 2 019
3A 3B
3a_Der Angreifer kann nur
durch ein Foul gestoppt
werden.
3 3b_Mit dem Foul wird
keine klare Torchance
zunichtegemacht, denn
die Nr. 31 hätte noch
eingreifen können.
3C
3c_Man beachte das Stellungsspiel des Schiedsrichters,
als sich diese dynamische Situation entwickelt.
http://bit.ly/SZ-4-19-Vorletzter-Mann
3 SpVgg Unterhaching – Hallescher FC Weiser befindet sich in diesem Moment aus seinem ver-
(3. Liga, 31. Spieltag) geblichen Sprung heraus noch in einer Drehbewegung
24. Minute: Ein langer Schlag aus der eigenen Hälfte auf ohne Orientierung zum Ball. Sein linker Arm bewegt sich
den Hachinger Maximilian Krauß. Sein Gegenspieler Toni von oben nach unten und berührt dabei den Ball
Lindenhahn unterschätzt rund 24 Meter vor dem Tor (Foto 4b), den Halstenberg einen Sekundenbruchteil
den aufspringenden Ball. Deshalb kann er den Unter- zuvor gespielt hat. Man sieht förmlich, wie der Leverku-
hachinger nur noch mit einer Art Catchergriff bremsen sener sich erschrickt, als er den Ball an der Hand spürt,
(Foto 3a), bringt ihn zu Fall und sieht dafür vom Schieds- und sie reflexartig wegzieht.
richter die Rote Karte.
Zwar ist Weisers Unterarm weit vom Körper entfernt,
Der TV-Reporter beurteilt den Feldverweis für Linden- doch kann in diesem Bewegungsablauf nicht von einer
hahn als „Fehlentscheidung“ und liegt damit richtig. Krauß unnatürlichen Bewegung oder Vergrößerung der Kör-
hatte den Ball noch nicht unter Kontrolle, und vor allem perfläche und schon gar nicht von einer bewussten
befand sich Lindenhahns Mitspieler Niklas Landgraf Aktion Weisers die Rede sein, den Flug des Balls zu
(Nr. 31, Foto 3b) in unmittelbarer Nähe und in einer gu ten unterbrechen. Daher wäre es besser gewesen, wenn es
Position zum Geschehen. Deshalb kann man nicht von hier keinen Eingriff des Video-Assistenten und keinen
der Verhinderung einer klaren Torchance sprechen. „Gelb“ Strafstoß gegeben hätte.
wäre daher die angebrachte Entscheidung gewesen.
„Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler seinen Körper
So weit, so schade. Auch weil der Schiedsrichter seine aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrö-
Laufarbeit und sein Stellungsspiel nicht an die zu erwar- ßert“, heißt es im neuen Regeltext. Entscheidend ist
tende Situation angepasst hat und damit in dieser Situ- dabei die Einschränkung „unnatürlich“. Im Fall Weiser
ation ein Antizipationsdefizit offenbart. Trotz des „lan- kommt die Vergrößerung aus einer natürlichen Bewe-
gen Schlages“, der ihm Zeit genug gelassen hätte, eine gung zustande, die aus seiner Drehung und der gleich-
bessere, vor allem seitliche Position zum Geschehen zeitigen Landung nach dem vergeblichen Sprung zum
einzunehmen, setzt er sich am Mittelkreis erst in Bewe- Ball entsteht.
gung, als der fragliche Zweikampf schon in vollem Gange
ist (Foto 3c). Wir sehen: Auch die genaueste Beschreibung eines Hand-
spielvergehens beinhaltet möglicherweise immer noch
Möglicherweise hat ihm dieses Verhalten sogar die Sicht eine straffreie Variante. Die Schiedsrichter bleiben des-
auf den zweiten Hallenser Abwehrspieler verdeckt. Das halb weiterhin aufgefordert, ihr fußballerisches Fach-
Video legt das durchaus nahe. wissen und ihre Erfahrung einzubringen, um eine dem
Sinn des Fußballs angemessene Entscheidung zu tref-
4 Bayer Leverkusen – RB Leipzig (28. Spieltag) fen.
70. Minute, es steht 2:2. Der Leverkusener Mitchell Wei-
ser springt im eigenen Strafraum zu einer hohen Flanke, Angemerkt sei noch: Auch wenn das in diesem Fall den
die er aber mit dem Kopf nicht erreicht (Foto 4a). Hinter Unparteiischen nicht gelang, so ist doch der aufgeregte
ihm lauert Marcel Halstenberg und spielt den Ball direkt Ausruf des Reporters, dass die Schiedsrichter damit den
in Richtung seines Mitspielers Konaté. Fußball „kaputt“ machen, völlig überzogen.