Page 13 - DFB-Schiedsrichterzeitung 05-2019
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          Im Rahmen des Sommer-Trainingslagers der Bundesliga-

          Referees ist Deniz Aytekin als „DFB-Schiedsrichter des Jahres“

          ausgezeichnet worden.




               egegnet man Deniz Aytekin zum ersten Mal, hat   len auch außergewöhnliche Trainingsvarianten wie Yoga.   TE X T
               man zunächst einmal eine gehörige Portion Res-  „Nur wenn ich mich auf dem Platz wohlfühle, ist es mög-  Fabian Mohr
         B pekt vor dem Mann, der einem da gegenüber-  lich, die bestmögliche Leistung abzurufen. Ich höre in
          steht: Mit seinen 1,97 Metern Körpergröße und seiner   meinen Körper hinein und mache das, was mir guttut.“
          athletischen Figur macht er nicht nur äußerlich was her.
          Auch der Gesichtsausdruck mit den leichten Falten wirkt   Für Deniz Aytekin ist es wichtig, die Spielleitung auf
          im ersten Moment ziemlich ernst und ein wenig unnah-  dem Platz auch selbst aktiv wahrzunehmen: „Wenn du
          bar. „Ich merke schnell, wenn jemand mir gegenüber   auf den Rasen gehst und realisierst, dass du als Schieds-
          unsicher wird, dann gehe ich auf denjenigen zu. Denn   richter ein Teil eines großen Fußballspiels bist und
          eigentlich bin ich ein sehr kommunikativer Mensch, auf   Respekt für deine Leistungen erhältst, ist das etwas
          und auch neben dem Platz“, sagt Deniz Aytekin, der in   ganz Besonderes. Das ist das Gefühl, warum ich vor
          diesem Jahr die Ehrung als Deutschlands „Schiedsrich-  vielen Jahren Schiedsrichter wurde und immer noch
          ter des Jahres“ erhielt.                    dabei bin. Würde ich auf dem Platz in einem Tunnel-
                                                      blick verweilen, könnte ich das Schöne an der Tätigkeit
          Für den 41-Jährigen, der inzwischen seit elf Jahren in   nicht mehr wahrnehmen.“ So ist es Aytekin wichtig,
          der Bundesliga pfeift, ist es das erste Mal, dass ihm   trotz der weiter zunehmenden medialen Präsenz und
          diese Ehre zuteilwird. Es sei eine „außergewöhnliche   des extremen Leistungsdrucks auch den Spaß und die
          Anerkennung für die harte Arbeit, die man in den ver-  Lockerheit nicht zu verlieren.
          gangenen Jahren tagtäglich für seine große Leiden-
          schaft aufgebracht hat“, sagt Aytekin und legt sehr gro-  Bezeichnend dafür ist eine Szene aus dem Bundesliga-
          ßen Wert darauf, dass er diese als Auszeichnung für sein   Spiel Eintracht Frankfurt gegen den FSV Mainz 05 im
          ganzes Team versteht: „Eduard Beitinger und Christian   Februar vergangenen Jahres, die jedem Fußball-Fan
          Dietz als Assistenten sowie Günter Perl in der abgelau-  sicher noch im Kopf ist: Als Gästefans aus Mainz Bon-
          fenen Saison als Video-Assistent haben einen großen   bons auf den Platz warfen, hob Deniz Aytekin eines auf
          Anteil. Nur gemeinsam waren wir in der Lage, die Leis-  und bot es Spielern zum Verzehr an. Als diese dankend
          tung zu bringen, die man von uns Schiedsrichtern erwar-  ablehnten, aß er es schließlich selbst. Der mediale Hype
          tet.“ Von den Unparteiischen werde oftmals verlangt,   war damals groß. „Durch solch eine spontane Aktion   Trotz des großen
          dass sie wie Roboter funktionieren müssten. „Aber das   breche ich mir keinen Zacken aus der Krone und es zwei-  Leistungsdrucks
                                                                                                   kann Deniz Aytekin
          sind wir nicht“, betont Aytekin. „Wenn wir als Team   felt auch niemand an meiner Seriosität, die ich bei mei-  die Schiedsrichter-
          unterwegs sind, sprechen wir meistens über private   ner Spielleitung an den Tag lege.“  Tätigkeit auf dem Platz
          Themen abseits des Fußballs. Gegenseitiges Vertrauen                                     genießen.
          ist mir sehr wichtig – und das hilft dann letztlich auch
          auf dem Platz.“
          Durch die Einführung des Video-Assistenten vor zwei
          Jahren hätten sich die Erwartungen an die Schiedsrich-
          ter noch einmal verstärkt: „Seitdem wird von uns eine
          100-prozentige Trefferquote verlangt. Doch wir müssen
          davon wegkommen, dass der Video-Assistent alles löst.
          Letztendlich sitzen vor den Monitoren auch nur Men-
          schen. Wir lernen mit jedem Spiel hinzu und machen
          dadurch ständig neue und wertvolle Erfahrungen“,
          berichtet Aytekin. Natürlich wolle er den Video-Assis-
          tenten so selten wie möglich in Anspruch nehmen, wenn
          er selbst als Schiedsrichter im Einsatz sei, „doch es gibt
          Situationen, die so komplex sind und so schnell ablau-
          fen, dass der Mensch sie mit dem bloßen Auge einfach
          nicht mehr wahrnehmen kann“.
          Bei der Vorbereitung und Nachbereitung seiner Spiele   163 Spiele hat der Unparteiische inzwischen in der Bun-
          arbeitet der FIFA-Referee sehr akribisch. „Ich habe über   desliga absolviert, seit acht Jahren ist er auch interna-
          die Jahre jedoch gelernt, dass ‚schneller, höher, weiter‘   tional unterwegs, bei Länderspielen und in der Cham-
          nicht immer zu einer besseren Leistung auf dem Platz   pions League. Dank seiner Leistungen hat der Franke
          führt.“ Seitdem hätten sich andere Trainingsformen bei   unter den Schiedsrichtern, aber auch bei den Vereinen
          dem in Oberasbach lebenden Franken etabliert, die sein   eine große Anerkennung erreicht. Dennoch gibt er sich
          generelles Wohlbefinden verbessern sollen. Dazu zäh-  bescheiden: „Ich möchte den Erfolg meiner Tätigkeit
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