Page 5 - DFB-Schiedsrichterzeitung 05-2019
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nen Saison eine Fehlentscheidung verhindert, stellt Lutz legen, dann die Position des Angreifers festzumachen
Michael Fröhlich dar. „Da ist es gut, dass es den Video- und zum Schluss die Szene zu entscheiden.
Assistenten gibt. Aber jede richtige Entscheidung auf
dem Feld erspart dem Fußball einen Video-Assist. Und Dem Wunsch nach mehr Transparenz beim Video-Assis-
das ist noch besser.“ tenten möchte Drees gerne entgegenkommen: „Unser
Ziel sollte sein, dass wir Informationen auf die Stadi-
Eine einheitliche Regelauslegung sei wichtig, sagt der onleinwand bringen, sobald der Schiedsrichter in die
Schiedsrichter-Chef, denn es sei für die Klubs „schwer Review-Area läuft – und nicht erst dann, wenn der
verständlich, wenn in wichtigen Spielsituationen iden- Überprüfungsprozess abgeschlossen ist.“ Ein großes
tische Sachverhalte unterschiedlich bewertet werden“. Anliegen sei ihm auch, Bilder auf die Anzeigetafel zu
Vor allem beim Thema Handspiel mussten sich die Refe- bringen, die die Entscheidung des Unparteiischen unter-
rees diesen Vorwurf in der vergangenen Saison anhören. stützten. Fragen der technischen Umsetzung stünden
dazu aber noch im Raum.
Dass es im neuen Spieljahr weniger Missverständnisse
gibt, dazu sollen auch die neuen Formulierungen im ME N TA L E VO RB E RE I TU N G AU F
Regeltext beitragen. Geht die Hand zum Ball oder der S P I E L-S I TUAT I ONE N
Ball zur Hand? Ist der Bewegungsablauf natürlich oder
unnatürlich? Wird die Abwehrfläche des Körpers durch In den Gruppenarbeiten geht es in diesem Jahr um die
das Handspiel vergrößert? Dies seien künftig die drei Themen Zweikampfbeurteilung und Disziplinarkontrolle,
grundsätzlichen Fragen zur Bewertung der Strafbar- Abseits und Zusammenarbeit sowie um Schwerpunkt-
keit. „Ein nach außen abgespreizter Arm, mit dem die themen des Regelwerks in der Praxis. DFB-Lehrwart Lutz
Abwehrfläche vergrößert wird, lässt keinen Spielraum Wagner macht den Unparteiischen dabei deutlich, wie
zu, sondern ist ein deutliches Handspiel“, sagt Fröh- wichtig es ist, Situationen im Spiel bereits frühzeitig zu
lich. Wenn Spieler den Arm heraushalten würden, näh- erahnen. Nur dann könne man sie bewerten und letzt-
men sie das Risiko in Kauf, ein strafbares Handspiel zu lich auch entscheiden: „Man muss gedanklich auf Situ-
begehen. ationen vorbereitet sein, damit man sie im Spiel wahr-
nimmt.“
K L A R E VO R G A B E N F Ü R D E N
V I DE O -A S S I S T E N T E N „Be prepared“ ist das Motto, das Wagner an einer Szene
aus dem Halbfinale der Champions League zwischen
Auch im Zusammenhang mit dem Video-Assistenten Liverpool und Barcelona deutlich macht: Es ist der schnell
sei eine einheitliche Anwendung wichtig, die „Eingriffs- ausgeführte Eckstoß, der zum entscheidenden Tor für
schwellen“ müssten klar definiert werden. Wann also ist Liverpool führt. Die gegnerischen Verteidiger waren von
eine Szene im Strafraum oder ein Platzverweis so ein- dieser Finte in dem Moment überrascht worden.
deutig falsch, dass der Video-Assistent unbedingt ein-
greifen muss? Wann bleibt er nur im Hintergrund? „Für uns Schiedsrichter beginnt die Vorbereitung bereits
bei der Festlegung der Spielkleidung beider Teams, die
Über diese Fragen diskutiert Dr. Jochen Drees mit den sich in ihrem Gesamterscheinungsbild unterscheiden
Unparteiischen. Der Projektleiter für das Thema Video- müssen.“ Das Pokalfinale zwischen dem FC Bayern und RB
Assistent bringt zwar seine eigenen Ideen und Vorstel- Leipzig ist in diesem Moment jedem Schiedsrichter präsent.
lungen nach Grassau mit, hört aber auch genau zu, was
die Schiedsrichter sagen. „Die Einschätzung der Unpar- Dass es während der Spielleitung viele herausfordernde
teiischen ist uns sehr wichtig, schließlich sitzen sie nach- Faktoren für die Unparteiischen gibt, macht der Lehr-
her vor den Monitoren und müssen sich bei der Bewer- wart mithilfe zahlreicher Fotos und Videos deutlich: Da
tung wohlfühlen und wiederfinden“, sagt Drees. ist zum Beispiel die veränderte Spieleröffnung bei den
Teams: „Wenn beim Abstoß der kurze Pass zu den Ver-
Sein Bestreben ist, dass die Unparteiischen am Ende des teidigern an der Strafraumgrenze zu erwarten ist, darf
Trainingslagers konkrete Handlungsabläufe verinner- ich als Schiedsrichter nicht an der Mittellinie auf den
licht haben, nach denen sie in ihrer Rolle als Video- langen Ball warten, sondern muss dorthin, wo ich
Assistent vorgehen können. Nach einer Torerzielung gebraucht werde. Wenn eine kritische Situation glimpf-
beispielsweise sollen sie erst überprüfen, ob diese kor-
rekt war oder ein strafbares Handspiel, Foulspiel oder
Abseits vorgelegen hat. Erst nach Abschluss dieser Über-
prüfung sollen sie schauen, ob möglicherweise im
Zusammenhang mit der Balleroberung ein Foulspiel
vorgelegen hat. „Wenn man sich als Video-Assistent an
Strukturen orientiert, dann stehen Ressourcen frei, um
möglicherweise unvorhergesehene Dinge zu erkennen“,
erklärt Jochen Drees. DFB-Lehrwart Lutz
Wagner bereitete
Auch für die Überprüfung von Abseitssituationen wird die Unparteiischen
ein klares Prozedere besprochen: Zunächst sei der auf Situationen vor,
mit denen sie in den
genaue Moment der Ballabgabe festzuhalten, dann die kommenden Wochen
virtuelle Abseitslinie auf den vorletzten Verteidiger zu rechnen müssen.