Page 31 - DFB-Schiedsrichterzeitung 02-2020
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des Spielfelds. Das ist sinnvoll, denn nur ein Vergehen
in der Nähe des Tores soll mit einem Strafstoß geahn-
det werden. Findet es weiter entfernt statt, im eher
ungefährlichen Raum Richtung Seitenlinie, reicht ein
Freistoß aus, so wie es auch heute noch ist.
Der IFAB geht an diesem Junitag 1902 noch weiter ins
Detail: Die Linien müssen durchgezogen sein, recht-
winklig aufeinanderstoßen und eben mit dem Boden
sein. Das war allerdings eine Vorgabe, die lange Zeit
nicht genügend beachtet wurde. Häufig wurden die Sei-
ten- und Grundlinien als V-förmige Rinnen angelegt. So
mussten die Linien nicht jedes Mal mit Holzpflock und
Band neu angelegt werden, sondern man schüttete die
Kreide einfach in die vorhandene Vertiefung, die große
Verletzungsgefahr ignorierend.
Auch das Hineinätzen von Linien mit sauren Chemika- Das FA-Cup-Finale
lien, das besonders bei schneebedecktem Boden zur Außerhalb des Spielfelds gab es von 1938 bis 1997 eine 1903 wurde erstmals
Markierung genutzt wurde, führte zu Unebenheiten – sogenannte Fotografenlinie, die aber zumindest in mit rechteckigem
zunächst nur leicht, doch bei wiederholter Anwendung Deutschland nur selten genutzt wurde. Wo sie einge- Torraum ausgetragen.
Es spielten der FC Bury
jedes Mal ein bisschen tiefer. zeichnet war, mussten Fotografen mit einem Abstand und Derby County
von mindestens 2 Metern hinter den Toren stehen. Diese gegeneinander. Mit
Nachdem also ein Jahrzehnt lang wegen des „loosely Linien wurden dann 1975 zu einer Halbellipse erweitert: etwas Mühe erkennt
worded law“ (Stanley Rous) einige Unsicherheiten in Sie war an den Eckfahnen weiterhin 2 Meter vom Spiel- man Schieds- und
Sachen Markierungen geherrscht hatten, war nun alles feld entfernt, hinter dem Torraum 3,50 Meter und 6 Linienrichter, die aus
klar. Das Spielfeld von 1902 ist bis heute – 118 Jahre Meter hinter dem Tor. unserer heutigen
Sicht „seitenverkehrt“
später – die Grundlage für jedes Spiel. liefen.
Nach einer Testphase während der WM 1994 in den USA
Ein ganz wichtiger Grund, warum sich der einheitliche wurde die Technische Zone auf Vorschlag des schotti-
Spielfeldaufbau nicht nur in den vier britischen Verbän- schen Verbandes 1995 eingeführt. Eine Markierung
den durchsetzte, war der Beitritt der FIFA 1913 zum wurde von den Schotten als nicht erforderlich angese-
IFAB. Der Weltverband (1904 gegründet) verpflichtete hen, nach Diskussion im Komitee aber doch vorgeschrie-
sich dadurch, die Spielregeln insgesamt, aber auch alle ben. Deshalb gibt es jetzt Linien einen Meter seitlich
Änderungen und Ergänzungen an seine Mitglieder, die des Sitzbereichs der Teamoffiziellen und Ersatzspieler
Nationalverbände (damals 25, heute 211), weiterzuge- und bis auf einen Meter an die Seitenlinie heran.
ben und für ihre Durchsetzung zu sorgen. Das ging aller-
dings nicht von heute auf morgen. So passte sich der Außerhalb des Spielfelds erlaubt, aber keine Pflicht ist
DFB erst ab 1930 an, indem er seine in der Reihenfolge, seit Mitte der 90er-Jahre eine 50 Zentimeter lange Linie,
ihrer Bezeichnung und ihren Auslegungstexten abwei- 9,15 Meter von den Eckfahnen entfernt, um den vorge-
chende Herangehensweise entsprechend änderte. schriebenen Abstand der Abwehrspieler beim Eckstoß
kontrollieren zu können.
Zwei Ergänzungen gab es noch, die 1938 in Kraft traten.
Damals hatte eine vom IFAB eingesetzte Kommission, All diese hier beschriebenen Markierungen sind heute
der Stanley Rous und auch der damalige deutsche auf und neben allen Spielfeldern der Welt nötig bezie-
FIFA-Schiedsrichter und spätere DFB-Präsident Peco hungsweise möglich. Nach wie vor ist das ein Zeichen
Bauwens angehörten, die Spielregeln insgesamt über- für die Einheit des Fußballspiels auf allen Kontinenten
arbeitet. Der oben schon erwähnte 10-Yards-Kreis um und in allen Spielklassen.
die Strafstoßmarkierung, der erkennbar als Teilkreis am
Strafraum den korrekten Abstand zum Strafstoßpunkt Ob sich mit der Einführung des Video-Assistant-Referees,
herstellt, und die 1-Yard-Viertelkreise in den Eckräumen den es nur in den höchsten Ligen und den wichtigsten
kamen hinzu. Wettbewerben gibt und geben wird, ein erster Riss in
dieser Einheit zeigt, muss sich noch erweisen. Zumindest
Auch die Breite der Linien wurde ins Regelwerk aufge- sind die Linien für die Markierung einer Review-Area für
nommen: Sie sollten zwar auch bis dahin schon so breit den Schiedsrichter am Spielfeldrand nur dort nötig.
wie die Torpfosten und die Torlatte sein, aber es gab
dafür keine Vorgabe. Die wurde nun auf mindestens So etwas haben sich die fußballbegeisterten Männer,
5 Inches festgelegt (metrisch abgerundet: 12 Zenti- die 1863 in „Freemason’s Tavern“ zusammensaßen,
meter). beim besten Willen nicht vorstellen können, als sie sich
daran machten, unter anderem ein Spielfeld zu defi-
Erwähnt sei noch, dass seit 2016 auf Kunstrasenplätzen nieren. Ganz abgesehen von den virtuellen und inzwi-
auch andere Linien aufgebracht werden dürfen, dann schen sogar kalibrierten Linien, die über das Spielfeld
aber zur Unterscheidung in anderen Farben als die Fuß- gezogen werden und die nur auf Bildschirmen zu sehen
ballfeldlinien. sind.