Page 5 - DFB-Schiedsrichterzeitung
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KRISEN-MANAGER
NEBEN DEM PLATZ
Wie verbrachten Deutschlands Spitzen-Schiedsrichter
eigentlich die Zeit, als der Ball ruhte? Sie widmeten sich
neben dem Training ihren eigentlichen Jobs. Manche enga-
gierten sich darüber hinaus auch sozial. Wir zeigen an sechs
Beispielen aus dem Profi-Bereich, dass auch unsere Unpar-
teiischen während der Corona-Krise tatkräftig anpackten.
K AT R IN R A FA L S K I : TÄG L I C HE R sind nicht nach oben geschossen. Aber solange wir kei- TE X T
D I E NS T IM K R A NK E NH AU S nen Impfstoff haben, wird es schwer ohne solche Maß- Bernd Peters
nahmen.“
Über Langeweile konnte Katrin Rafalski aus Bad Wildun-
gen (Hessen) nicht klagen. Denn die Drittliga-Schieds- C HR I S T IA N D IN G E R T: R AT G E B E R
richterin und FIFA-Assistentin arbeitete während der FÜ R D IE W IR T S C H A F T
Krankheitswelle an einem der Hotspots der Krise, im
Krankenhaus. Wer Christian Dingert während des bundesweiten Lock-
downs ans Telefon bekommen wollte, musste Geduld
Die radiologisch-technische Assistentin (RTA) an der mitbringen. „Es mag Leute geben, die in der Krise Lan-
Werner Wicker Klinik in Bad Wildungen (bei Kassel) hatte geweile hatten, bei mir war das Gegenteil der Fall“, sagt
in ihrer Abteilung, der Radiologie, zwar nicht direkt mit der Bundesliga-Schiedsrichter aus Kusel (Rheinland-
Corona-Patienten zu tun, merkte aber doch deutlich die Pfalz). Dort arbeitet er seit 2001 in der Verwaltung des
Auswirkungen der Krise. „Wir waren ziemlich eingespannt, 70.000-Seelen-Landkreises, verkörpert die Ein-Mann-
hatten hohen Zulauf. Wir arbeiteten in Teams mit gesplit- Stabsstelle Wirtschaftskoordination. Und ist damit der
teten Arbeitszeiten. Übergaben bei den Schichtwechseln „Krisenmanager“ der Wirtschaft vor Ort.
erfolgten auf Abstand. Außerdem mussten wir von Anfang
der Krise an mit Mundschutz arbeiten und nach jedem
Patienten die Geräte desinfizieren.“ Das zeigte Wirkung: „Ich bin gern für die Leute da und
„Wir hatten keinen positiven Fall in der Belegschaft. Es
geht allen gut. Aber die Gefahr ist natürlich immer da, versuche zu helfen, wo ich kann.“
man kann sich ja überall anstecken.“
Christian Dingert, FIFA-Schiedsrichter
Rafalski betont: „Grundsätzlich bin ich Befürworterin
des Kontaktverbots, halte mich selbstverständlich daran.
Ich tue alles dafür, mich nicht zu infizieren. Ich möchte Eigentlich hat er in der Verwaltung eine 65-Prozent-
natürlich nichts in die Klinik tragen. Das funktioniert Stelle, auch um genügend Zeit für Schiedsrichterei und
alles sehr gut. Wir sollten nicht über die Maskenpflicht Training zu haben. Diese war in Corona-Zeiten aber zur
lachen.“ „150-Prozent-Stelle“ mutiert, teilweise arbeitete Dingert
sieben Tage pro Woche. Von beschaulichem Landleben Foto links: Drittliga-
Wie lange das noch nötig ist, kann sie nur schwer war plötzlich keine Rede mehr. Schiedsrichterin Katrin
ab schätzen. „Wir wissen ja nicht, wie sich die Öffent- Rafalski (rechts im
lichkeit daran hält. Aber wenn man Deutschland mit Als das Kontaktverbot die Wirtschaft lähmte, mutierte Bild) bekommt das
Corona-Geschehen im
anderen Ländern weltweit vergleicht, sind wir auf einem Dingert zur Auskunft und zum Kummerkasten in einer Krankenhaus hautnah
guten Weg. Die Sterberate ist geringer, Infektionszahlen Person. Die Sorgen, Nöte und Fragezeichen der Unter- mit.