Page 11 - DFB-Schiedsrichterzeitung 01-2020
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Steinhaus: (lacht) Müsste man mal unsere Ansetzer fra-
gen. Ich glaube, dass ich häufig den richtigen Ton gefun-
den habe, um die Menschen da abzuholen, wo sie sich
befunden haben. Mit all ihren Sorgen, Nöten und Erwar-
tungen, die so ein Spiel betreffen.
Jetzt kannst du ja sagen, welcher Trainer dir am meisten
auf den Geist gegangen ist.
Steinhaus: Ach, na ja. Menschen sind einfach sehr unter-
schiedlich. Manche brauchen intensivere Betreuung als
andere, das ist aber auch immer situationsabhängig.
Diplomatisch. Mit deinem Aufstieg in die Bundesliga hat
es ja etwas länger gedauert, als so mancher gehofft hatte
– würdest du im Rückblick auch sagen: zu lange?
Steinhaus: Es hat sich für mich ein Traum erfüllt. Darü-
ber war ich sehr glücklich und ich bin sehr glücklich.
Und es ist ja das eine, ob ich mich bereit fühle, und das
andere, ob das Gesamtpuzzle auch bereit ist. Und da „Ich wollte nie die erste Frau sein,
gehören ja mehr Menschen dazu als ich.
die irgendwas macht.“
Aber du wärst früher bereit gewesen?
Steinhaus: Ach, ich weiß nicht. Vielleicht. Vielleicht Spiel herum hieß es dann, du würdest dich zu einem spä
nicht. Es ist aber auch völlig unerheblich. Ich glaube, teren Zeitpunkt noch mal ausführlicher zu den Gründen
dass die Puzzleteile alle so zusammengefallen sind, äußern. Ist dieser Zeitpunkt jetzt schon gekommen?
wie sie sollten. Ich kann heute zurückblicken und
sagen: Ich hab’s erreicht. Es war supererfolgreich. Ich Steinhaus: Das klingt so dramatisch, dabei ist genau das
hatte eine großartige Zeit. Ich bin immer noch Teil Gegenteil der Fall. Eigentlich bin ich gerade auch schon
des Teams. Ich hätte es mir nicht schöner malen kön- wieder viel mehr mit der Zukunft beschäftigt. Ich fühle
nen. mich auch wirklich nicht so, als ob ich die Schiedsrich-
ter-Familie verlassen würde. Das tue ich ja auch nicht,
Du wirkst auch extrem gelassen. Und sehr im Reinen mit es ist ja nur ein anderer Blickwinkel. Aber sicher hat die
dir. Das ist auch so, oder? Corona-Zeit eine Rolle bei der Entscheidung gespielt.
Ich glaube, jeder von uns war da in der Situation, mal
Steinhaus: Ja. Ich bin superglücklich mit der Entschei- auf sein Leben zu schauen und zu fragen: Wo stehe ich
dung. Superdankbar für das, was ich erleben durfte. Für eigentlich? Was macht diese Zeit mit mir? Und wo will
die Menschen, die ich kennenlernen durfte. Für die ich eigentlich hin? Und ich musste irgendwann feststel-
Momente, die mir der Fußball beschert hat. Ich glaube, len, dass es keine realistischen sportlichen Ziele mehr
ich habe es geschafft, auf dem Höhepunkt meiner Lauf- für mich gab. Das ist natürlich nicht über Nacht gekom- Kamingespräch:
bahn loszulassen. Und Loslassen ist echt nicht einfach. men, sondern war ein Prozess. Und ich bin total glück- Bibiana Steinhaus
beim Interview mit
Es war mir aber sehr wichtig, das selbstbestimmt zu tun. lich mit der Entscheidung. Es geht mir wahnsinnig gut. SRZ-Mitarbeiter
Tobias Altehenger.
Als du dann dein letztes Spiel abgepfiffen hast, das Super
cupFinale zwischen Dortmund und Bayern, was ist dir da
durch den Kopf gegangen? Weißt du das überhaupt noch
oder war das viel zu viel?
Steinhaus: Das war natürlich überhaupt ein sehr emo-
tionaler Tag und ein sehr emotionaler Abend. Dankens-
werterweise zusammen mit meinem langjährigen Bun-
desliga-Team, das muss ich an dieser Stelle auch noch
mal loswerden. Das war schon sehr besonders für uns
alle. Diesen Weg gemeinsam gegangen zu sein und dann
auch gemeinsam zu beenden. Ich weiß noch, dass ich
kurz vor Abpfiff meinem Team übers Headset Danke
gesagt habe – für dieses Spiel und für alle Spiele, die
wir gemeinsam gemacht haben. Und … dass ich jetzt
abpfeife.
Du hast eben gesagt, dass es dir wichtig war, das Karrie
reende selbstbestimmt zu entscheiden, um das Supercup