Page 16 - DFB-Schiedsrichterzeitung 01-2020
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HA N D SP I E L strafbares Handspiel sein. Spielt er ihn dagegen mit dem
Schultereckgelenk, dann ist das in jedem Fall legal.“
Viele Diskussionen gibt es nach wie vor zum Thema
Handspiel, auch nach der Neuformulierung des Regel- A B S EI TS
textes zur Saison 2019/20. Der Regeltext lade zu man-
chem Missverständnis ein, urteilt Lutz Wagner. So komme Mit Blick auf die Beurteilung von Abseitssituationen
etwa die verbreitete, aber irrtümliche Ansicht zustande, weist Lutz Wagner darauf hin, dass bei einer möglichen
dass ein Handspiel niemals strafbar sei, wenn der Ball Behinderung der Sicht des Torwarts nicht mehr dessen
von einem anderen Körperteil an die Hand oder den Sichtfeld, also das gesamte Blickfeld, berücksichtigt
Arm geprallt sei. Richtig sei vielmehr: „Es hängt von der werden müsse, sondern nur noch die Sichtlinie. „Damit
Armhaltung des Spielers ab. Ist der Arm etwa schon ist die imaginäre Linie von den Augen des Torhüters zum
abgespreizt, wenn der Ball kommt, dann liegt eine Ver- Ball gemeint“, klärt er auf. „Wenn der Keeper ab dem
größerung der Körperfläche vor, und ein Handspiel ist Moment des Schusses die ganze Zeit freie Sicht auf den
in diesem Fall auch dann zu ahnden, wenn der Ball zuerst Ball hat, liegt keine Beeinträchtigung dieser Sichtlinie
zum Beispiel an den Oberschenkel gesprungen ist.“ vor [siehe auch Analyse, ab Seite 22]. Unterbricht aber
ein im Abseits befindlicher Spieler diese Linie, dann ist
Anders liege der Fall, wenn ein Spieler den Ball zuerst das Abseits strafbar.“
klar spiele und die Kugel danach an die Hand oder den
Arm gelange. So wie in der Partie zwischen dem FC Bay- RE G E L Ä ND E R U N G E N U ND
ern München und Eintracht Frankfurt am 5. Spieltag: Der K L A RS TE LL U N G E N
Frankfurter Makoto Hasebe ging dort mit einem saube-
ren Tackling zum Ball, der anschließend an den Fuß von Bei den Regeländerungen, die es zu dieser und zur ver-
Douglas Costa sprang und von dort an Hasebes rechten gangenen Saison gegeben hat, spricht Wagner noch
Oberarm. „Hasebe ist nicht in einer Abwehrhaltung, er einmal den Abstand von einem Meter an, den die angrei-
blockt den Ball nicht ab, sondern spielt ihn klar und fenden Spieler bei einem Freistoß zur Abwehrmauer
schießt ihn sich quasi über Umwege selbst an den Arm“, halten müssen. „Manchmal wird diese Distanz zwischen
analysiert Wagner. „Das ist eine reguläre Spielweise.“ Freigabe und Ausführung verkürzt“, sagt er, „zum Bei-
spiel, um Spieler in der Mauer zu behindern oder zu blo-
Irreführend sei im Zusammenhang mit dem Thema Hand- cken.“ Eine Beispielszene dafür ist das Freistoßtor von
spiel der Begriff „T-Shirt-Linie“, der neuerdings in den Mark Uth in der schon erwähnten Begegnung zwischen
Medien kursiere. Seit dieser Saison liegt in keinem Fall Mainz und Schalke. Obwohl der Schiedsrichter vor der
ein Handspiel vor, wenn der Ball mit dem obersten äuße- Freigabe kurz auf den Abstand hingewiesen habe, sei
Als Uth den Freistoß ren Bereich des Armes gespielt oder berührt wird. „Die ein Schalker der Mauer schließlich zu nahe gekommen.
ausführt, befindet sich Grenze verläuft unten an der Achselhöhle“, erklärt Wag- „Eigentlich war das Tor also irregulär, und es hätte einen
ein Angreifer zu nahe ner, und sie sei nicht zwangsläufig mit dem Ende eines indirekten Freistoß geben müssen“, so der Lehrwart.
an der Abwehrmauer.
Der Abstand muss kurzen Trikotärmels identisch. Grundsätzlich gelte: „Allerdings muss es so weit nicht kommen, wenn der
mindestens einen „Spielt einer den Ball mit dem Bizeps, dann kann das ein Schiedsrichter präventiv wirksam agiert.“
Meter betragen.