Page 31 - DFB-Schiedsrichterzeitung 01-2020
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          DFB hat am 24. Juni 2020 in einer Stellungnahme die
          wesentlichen Punkte zusammengefasst und auf das
          geringe Ansteckungsrisiko beim Fußballspielen hinge-
          wiesen. Diese Punkte wurden auch bei der Erarbeitung
          des DFB-Leitfadens „Zurück ins Spiel“ berücksichtigt.

          Aber es gibt doch immer wieder Schlagzeilen, in denen
          von Infektionen im Fußballumfeld die Rede ist. Vor allem
          auch im zurückliegenden Herbst hat man mitbekommen,
          dass gleich mehrere Spieler einer Mannschaft krank wur­
          den.

          Meyer: Die Beobachtung, dass man sich auf dem Spiel-
          feld sehr wahrscheinlich nicht anstecken kann, bedeu-
          tet ausdrücklich nicht, dass dies auch außerhalb des
          Spielfelds gilt. Es sind Fälle von Ansteckungen bei Mann-
          schaftssitzungen in geschlossenen Räumen, aber auch
          bei anderen Besprechungen in geschlossenen Räumen
          bekannt. Offensichtlich wurden bei diesen Fällen die
          Hygiene- und Abstandsvorgaben nicht beachtet.
                                                                                                   Präventionsschutz
          Was folgern Sie aus diesen Beispielen?      sollten eindeutige Handzeichen oder gesprochene   spielt vor allem vor
                                                      Anweisungen schnell dafür sorgen, dass die betreffen-  und nach dem Spiel
          Meyer: Sie zeigen, dass bei Missachtung der Hygiene-  den Spieler den notwendigen Abstand einhalten. Mein   eine große Rolle.
          standards das Infektionsrisiko steigt – auch im Umfeld   Eindruck ist, dass Covid-19 dafür gesorgt hat, dass enge
          eines Fußballspiels. Deswegen an dieser Stelle noch   Ansammlungen von Spielern oder das Einstürmen auf
          einmal der klare Appell: Außerhalb des Spielfelds müs-  die Schiedsrichter abgenommen haben.
          sen die Hygienestandards konsequent umgesetzt wer-
          den! Bei allen Begegnungen von Menschen muss dem   Gibt es weitere Empfehlungen, die Sie den Spielern und
          Coronavirus aktiv präventiv begegnet werden. Und das   Schiedsrichtern ans Herz legen möchten?
          gilt auch im Fußballumfeld, zum Beispiel in Bespre-
          chungs-, Umkleide- oder Duschräumen sowie der Ver-  Meyer: Eine wichtige Verpflichtung bei der Covid-19-
          einsgastronomie.                            Prävention lautet: Wenn Symptome auftreten, den Kon-
                                                      takt zu anderen Menschen auf ein unvermeidbares Mini-
          Schiedsrichter gehen zwar nicht in Zweikämpfe, haben   mum reduzieren! Es ist ein Fall bekannt, bei dem ein
          aber dennoch zwangsläufig Kontakt zu Spielern, zum Bei­  infizierter Spieler, obwohl er bereits Symptome aufwies,
          spiel, wenn sie diese ansprechen oder ermahnen müssen.   noch zu einer Besprechung auf dem Sportgelände
          Welche Tipps können Sie den Unparteiischen hierfür geben?  erschien. Dabei kam es dann zu Infektionen von Mann-
                                                      schaftsangehörigen. Bei dieser Pandemie kommt es auf
          Meyer: Aus meiner Sicht gibt es keinen überzeugenden   das Verhalten jedes Einzelnen an. Das heißt, wer Symp-
          Grund, warum Schiedsrichter bei der Ansprache von   tome bei sich feststellt, und seien sie auch noch so
          Spielern diesen zu nah kommen müssten. Ermahnun-  leicht, muss zu Hause bleiben. Diese Sensibilität ist
          gen und Ähnliches sind auch aus sicherer Distanz mög-  gerade bei jungen Menschen wichtig, da es bei ihnen
          lich. Wenn Spieler auf den Schiedsrichter einstürmen,   passieren kann, dass die Symptome nur sehr gering aus-
                                                      geprägt sind.

            Zur Person:                               Im Profifußball, vor dem erneuten Lockdown aber auch
                                                      im Amateurfußball, konnte man immer wieder beobach­
                                                      ten, dass Spieler und Schiedsrichter auf den Handschlag
            Prof. Dr. Tim Meyer                       verzichten und stattdessen die Fäuste gegeneinander­
            ist Sportmediziner                        schlagen. Inwieweit reduziert diese Geste das Ansteckungs­
            und gehört seit 2001                      risiko?
            zum Ärzteteam der
            deutschen Fußball-                        Meyer: Generell ist es aus der Perspektive der Infekti-
            Nationalmannschaft.                       onsvermeidung sinnvoll, auf den Handschlag zu ver-
            Zudem ist er Vorsit-                      zichten. Eine Berührung der Außenseite der Fäuste
            zender der Medizini-                      erscheint in der Tat günstiger. Dies sendet auch in Zei-
            schen Kommission des DFB. Im April 2020 wurde   ten der Corona-Infektion das Zeichen, dass man es mit
            er auch Leiter der „Task Force Sportmedizin/Son-  der Prävention ernst meint. Allerdings geht die größere
            derspielbetrieb“ von DFL und DFB, die ein Hygi-  Gefahr bei Covid-19 sicherlich von Tröpfchen bezie-
            enekonzept erstellte, das die Fortführung des   hungsweise Aerosolen aus. Insgesamt finde ich diese
            Spielbetriebs der Bundesligen während der   Form der Begrüßung in Ordnung, zumal sie nicht gänz-
            Corona-Krise gewährleistet hat.           lich die soziale Komponente beseitigt, die im Handschlag
                                                      steckt.
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