Page 31 - DFB-Schiedsrichterzeitung 2/2018
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an.“ Jetzt ist er da, der Moment, in dem vieles falsch
NACH G E FR AG T
laufen könnte.
Ein Zuschauer entgegnet: „Jetzt hör doch auf mit dem
Mist, ey!“ Ein anderer: „Am besten wär’s, du würdest SRZ-Mitarbeiter Andreas Allacher sprach mit dem ver-
deine Pfeife wegschmeißen!“ Einige lachen, einige fol- antwortlichen Redakteur Thorsten Drenkard (Foto),
gen der Anweisung des Schiris, der mit entschlossenem der die Themenwoche Schiedsrichter geplant und auf
Schritt und energischem Armzeichen seine Aufforde- diese Weise als Außenstehender einen eigenen Ein-
rung untermauert. blick in die Welt der Unparteiischen erhalten hat.
Schließlich fordert Yüca den lautesten Schreihals auf, Herr Drenkard, wie kam die Redaktion auf die Idee zu
das Spielfeld zu verlassen. Dieser gibt aus dem Schoß dieser Themenwoche?
der Gruppe trotzige Widerworte. Yüca ist unbeeindruckt, Die Idee dazu hatte ich schon lange. Ich wollte schon
bleibt standhaft. Nun schalten sich einige DJK-Spieler immer wissen, was das für Menschen sind, die sich
ein, auch Verantwortliche des Vereins rufen zur Vernunft Woche für Woche dieser komplizierten Aufgabe stel-
auf. „Ruhe jetzt!“ oder „Bitte mach doch einfach, was len – für eine eher symbolische Bezahlung, für nahezu
der Schiedsrichter sagt!“, lauten die Zurufe. keinerlei Anerkennung, dafür umso mehr Anfeindun-
gen durch Spieler, Trainer, Fans und Eltern.
Am Ende tun die Zuschauer, was der Referee fordert.
Das Spiel geht friedlich zu Ende. Als Yüca final in seine Gab es Vorbehalte von Seiten der Referees bei der
Pfeife pustet und den 2:1-Sieg der Gäste amtlich macht, Recherche?
haben sich die erhitzten Gemüter längst wieder beru- Ich merkte schnell, dass Schiedsrichter nicht darauf
higt. erpicht sind, medial im Rampenlicht zu stehen.
Obmann Oliver Johannes und seine Kollegen aus
Hinterher gibt es gar Lob von allen Seiten für die kon- Neumarkt waren aber sofort dabei, standen mir von
sequente Spielleitung des erfahrenen Unparteiischen. Beginn an für jegliche Fragen zur Verfügung und waren
immer kooperativ. Da war ein Bedürfnis der Schieds-
Benjamin Flinker, Kicker der DJK Neumarkt, befindet die richter zu spüren, den Leuten da draußen einmal zu
Leistung Yücas als „sehr, sehr gut“, und auch Steve Pich- zeigen, dass Unparteiische Menschen wie du und ich
ler, Kapitän der Süder, attestiert ihm, „stark und konse- sind und dass diese Tätigkeit tatsächlich Spaß macht.
quent“ gepfiffen zu haben. „Für maulende Spieler gab
es gleich eine Gelbe Karte, das war richtig so.“ Sie haben sich in der Themenwoche mit Schiedsrich-
tern in der „großen Welt des Fußballs“, aber auch mit
Insgesamt zeigt Yüca in diesem umkämpften, niemals dem Minikosmos Neumarkt beschäftigt. Was war für
aber feindseligen Derby sieben Gelbe Karten, einmal Sie interessanter?
Gelb/Rot und verweist einen Zuschauer. Yüca ist wäh- Beides war spannend. Bei meinen zahlreichen Gesprä-
rend der Partie immer in Bewegung, kreist nicht nur um chen mit Schiedsrichtern aus der Neumarkter Region
den Anstoßpunkt, spricht viel mit den Spielern, ist klar habe ich genauso wie beim Interview mit Ex-FIFA-
in seinen Ansagen und Gesten – kurzum: Er hat das Schiedsrichter Urs Meier vor allem eines gemerkt: Alle
ungestüme Treiben auf und neben dem Platz im Griff. Schiedsrichter sind im Herzen Fußballer, die das Spiel
lieben – das war schön und beruhigend zu sehen.
Pauschallob des unterlegenen DJK-Trainers Fahrettin
Özgül für Yüca: „Er ist einer der besten Schiedsrichter, Gab es ein Leserecho auf die Themenwoche?
die wir in der B-Klasse haben.“ Nicht nur Özgül ist froh Die Schiedsrichter-Themenwoche im Neumarkter Tag-
über Referees wie Yüca, schließlich wissen sie in der blatt wurde überregional wahrgenommen und fand
B-Klasse um den Mangel an bereitwilligen Schiris. nicht nur unter Schiedsrichtern oder Fußballern
Anklang, sondern machte auch Leser, die nicht unbe-
IN T E NS IV U ND HE R AU S F O RD E R ND dingt aus dem Sport kommen, auf die Lage der Unpar-
teiischen aufmerksam.
Das Stadtderby liefert den Beweis dafür, dass derart
intensive Spiele stets eine Herausforderung für Schieds- Wie lautet Ihr Fazit, nachdem Sie sich als Außenste-
richter sind. Nachher gibt Yüca unumwunden zu: „Es hender intensiv mit der Schiedsrichter-Thematik aus-
war schon ein stressiger Sonntag, aber ich habe noch einandergesetzt haben?
alles im Griff gehabt.“ Fehler? Natürlich mache er Feh- Die Schiedsrichter-Tätigkeit ist ein undankbarer Job,
ler, „ich bin schließlich ein Mensch“. Dann gehöre Selbst- der viel Idealismus, Zeit und Verantwortungsbewusst-
kritik zum Schiedsrichter-Job. sein erfordert. Diese Anforderungen sind vielen Men-
schen heutzutage schlichtweg zu hoch, um sich für
An diesem Tag geht er aber mit stolzer Brust nach Hause. die Schiedsrichterei zu entscheiden. Um den Job
„Wenn die Spieler hinterher zu einem kommen und sich attraktiver zu gestalten, sind nicht nur die Schieds-
bedanken, gibt das Extramotivation.“ Es ist sein Ansporn richter gefragt – Verbände, Vereine, Spieler, Trainer,
für den nächsten Schiri-Einsatz. Der erfahrene Yüca weiß Fans und Eltern müssen sich im Klaren sein, dass gut
genau: Als Referee wird er auch künftig blitzschnell Ent- ausgebildete Unparteiische die Grundlage für faire
scheidungen treffen müssen – manchmal auch einsame Spiele sind.
und gewagte.