Page 29 - DFB-Schiedsrichterzeitung 2/2018
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          Rolle, darüber hinaus geht der Blick nach England und   Am Ende seines Auslandsaufenthalts gab es dann für
          Italien. Wer die Fußball-Begeisterung verstehen will,   Ivan  noch eine Überraschung. Obwohl er auf  Malta
          braucht nur ein wenig in die Geschichte zu schauen:   eigentlich als Zweitliga-Schiedsrichter gelistet wurde,
          1959 trat das Land der FIFA bei, 1960 der UEFA – und   durfte er als „Abschiedsgeschenk“ noch ein Spiel in der
          erst im Jahr 1964 wurde es unabhängig von Großbri-  höchsten Spielklasse leiten: Gżira United gegen Victo-
          tannien. Auf Malta werden Prioritäten gesetzt.  ria Hotspurs. Wieder auf Gozo. „Das war natürlich noch
                                                      mal eine echt gute Sache – und auch ein echt interes-
          Spiele auf der Insel zu leiten, bedeutete für Ivan Mrkalj   santes Spiel, das sogar im Fernsehen übertragen wurde.“
          zunächst eine gewisse Umstellung. Zwar wird selbst-
          verständlich auch auf Malta nach den internationalen   Abgeschlossen war das Kapitel Malta für Ivan aber auch
          Fußballregeln gespielt, aber es gibt Unterschiede.   nach der Rückkehr nach Deutschland nicht. Stattdessen
          „Eigentlich sind die Regeln ja überall gleich“, wundert   überlegte er, wie er seine Erfahrungen auch anderen
          sich Ivan, „trotzdem war ich am Anfang etwas über-  Unparteiischen zugänglich machen könnte. „Ich hatte
          rascht. Zweikämpfe werden deutlich robuster geführt   die ganze Zeit einen echt guten Draht zum maltesischen
          als in Deutschland, ohne dass sich die Spieler groß   Schiedsrichter-Obmann Kevin Azzopardi. Und auch nach-
          beschweren. Da darf man nicht zu kleinlich sein.“ Ansons-  dem ich wieder zu Hause war, sind wir in Kontakt geblie-
          ten bekommt man schnell ein Problem mit den Ohren,   ben und haben uns irgendwann gesagt: Lasst uns doch
          denn die Lautstärke auf dem Platz ist auf Malta eine   einen Austausch ins Leben rufen.“
          andere: „Eigentlich wird permanent wegen irgendwas
          geschrien. Die Spieler sind sehr emotional. In einer Par-  Wenige Wochen später war es dann so weit: Nachwuchs-
          tie wollte ein Spieler zum Beispiel, dass ich den Torwart   Schiedsrichter aus Malta kamen zu einem Trainingslager
          wegen Zeitspiels verwarne – nach drei gespielten   in den Fußballkreis Köln, waren zu Gast in der Sport-
            Minuten.“                                 schule Hennef, wurden von Verbandsmitarbeitern
                                                      geschult und leiteten Vorbereitungsspiele, in denen sie
          „ M I T D E M S C H I F F Z U M S P I E L B I N I C H   von Beobachtern des Verbandes gecoacht wurden. In
          AU C H N O C H N I E A N G E R E I S T.“    diesem Jahr soll der Gegenbesuch folgen. Zwei Schieds-
                                                      richter-Teams aus Köln werden nach Malta fliegen, um
          In Deutschland eher ungewöhnlich, auf Malta normal:   dort an einem Lehrgang teilzunehmen und Spiele zu
          eine Anreise per Schiff. Ivan Mrkalj passierte das direkt   leiten. „Damit können wir unseren Schiedsrichtern natür-
          bei seinem ersten Zweitliga-Einsatz, bei einem Spiel auf   lich eine attraktive Maßnahme anbieten“, meint Ivan
          der Nachbarinsel Gozo. „Das war schon eine Anreise   Mrkalj, der inzwischen jedem einen Aufenthalt auf Malta
          unter erschwerten Bedingungen“, erinnert er sich   empfiehlt: „Ich habe sehr herzliche Menschen und eine
          lachend. „Erst mit dem Bus zur Fähre, dann mit dem   völlig andere Kultur kennengelernt und konnte mich
          Schiff rüber nach Gozo, und da hat uns dann schließlich   auch als Schiedsrichter weiterentwickeln – besser geht’s
          ein Funktionär abgeholt und zum Stadion gefahren.“   ja eigentlich nicht.“
          Während sich dieser Anreiseweg in Deutschland wohl
          nicht durchsetzen wird, gab es auf Malta aber vieles, was   Was mit einem einzigen Referee und seinem Praktikum
          sich Ivan auch hierzulande gut vorstellen könnte: Jeder   auf Malta angefangen hat, könnte also der Grundstein
          Unparteiische bekommt zum Beispiel alle Trikots vom   für eine intensive Schiedsrichter-Partnerschaft werden,
          Verband gestellt, es gibt zweimal die Woche Schieds-  zwischen der kleinen Insel im Mittelmeer und der Karne-
          richter-Training mit einem FIFA-Trainer, außerdem sind   valshochburg am Rhein. Da soll noch einer behaupten,
          die Aufstiegschancen für Referees groß.     das Schiedsrichterwesen würde keine Brücken schlagen.

                                                                                                   Beim Gegenbesuch
                                                                                                   der maltesischen
                                                                                                   Schiedsrichter in
                                                                                                   Köln stand auch eine
                                                                                                   Stadionführung auf
                                                                                                   dem Programm.
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