Page 30 - DFB-Schiedsrichterzeitung 03-2019
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D FB -S C H I E D S R I C H T E R -Z E I T U N G 0 3 | 2 019
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6a_Salif Sané nimmt den Ball mit den Händen
6 auf.
6b_Dass der Schalker den Ball so weit vom
„Tatort“ wegträgt, ist eine Unsportlichkeit,
die mit der Gelben Karte zu bestrafen ist.
6B
http://bit.ly/Ballmitnahme_SRZ0319
Der Schiedsrichter entscheidet in dieser Situation auf Eigentlich hätte es zu dieser „Notbremse“ aber erst gar
einen indirekten Freistoß. Weiterspielen wäre jedoch nicht kommen dürfen. Denn wenn Mannschaften – wie
die korrekte Entscheidung gewesen, da es sich bei die- hier – aus einer falschen Freistoß-Position solch einen
ser Spielweise um eine Abwehraktion des Verteidigers großen Vorteil erzielen, sollte ein Schiedsrichter vor-
handelt und nicht um ein absichtliches Zuspiel des Ver- sichtig agieren und den Freistoß am falschen Ort nicht
teidigers zum Torhüter. zulassen. Ideal wäre in dieser Szene gewesen, das Spiel
sofort zu unterbrechen, Sané zu verwarnen und den
6 FC Schalke 04 – Borussia Mönchengladbach Freistoß am richtigen Ort wiederholen zu lassen.
(20. Spieltag)
Abschließen wollen wir unsere Analyse mit einem Spie- Bemühen wir auch zu dieser Szene noch mal das Regel-
lerverhalten, das sich in ähnlicher Form an jedem werk, in dem der folgende Satz geschrieben steht: „Der
Wochenende hundertfach oder gar tausendfach auf Schiedsrichter verwarnt jeden Spieler, der die Spielfort-
Deutschlands Sportplätzen abspielt. Immer wieder setzung verzögert, indem er den Ball wegträgt oder
kommt es dort vor, dass Spieler nach dem Pfiff des wegschießt.“
Schiedsrichters die Freistoß-Ausführung des Gegners
behindern und verzögern. Sei es, indem sie sich unmit- Im Gegensatz zum anfangs zitierten Absatz bezüglich
telbar vor den Ball stellen, indem sie den Ball nach dem Handspiels lässt diese Regelanweisung dem Unpartei-
Pfiff wegschießen oder indem sie, wie in der nun fol- ischen nun deutlich weniger Ermessensspielraum. Hier
genden Szene, den Ball vom Freistoß-Ort wegtragen. gibt es kaum eine Grauzone, sondern der Schiedsrich-
ter kann und soll eine Spielverzögerung so ahnden, wie
So hat in Szene 6 der Schalker Salif Sané einen gegne- er sie mit seinen Augen auf dem Platz wahrnehmen
rischen Angriff durch ein Foulspiel frühzeitig unterbun- kann.
den. Er nimmt nach dem Pfiff des Schiedsrichters den
Ball in die Hände (Foto 6a), trägt ihn mehr als zehn Meter Das ständige Lamentieren auf dem Platz und die oft
mit sich und lässt ihn dann auf den Boden fallen (Foto 6b). übertriebenen Reaktionen nach einem Foul würden
Die Intention des Schalkers ist klar: Er möchte Zeit für längst zum Standard-Repertoire eines Bundesliga-
seine Abwehr gewinnen, die nach vorne aufgerückt war, Spielers gehören, hatte Bundestrainer Joachim Löw auf
und rechnet sicherlich damit, dass die Gladbacher den dem DFB-Amateurfußball-Kongress Ende Februar in
Ball vor der Ausführung des Freistoßes erst einmal wie- Kassel kritisiert und ein Umdenken gefordert. Denn das
der zurück zum Tatort bringen werden. habe eine Ausstrahlung nach unten, weil Amateur- und
Juniorenfußballer das Verhalten der Profis in den unte-
Das macht der Gladbacher Lars Stindl allerdings nicht. ren Ligen gerne übernähmen.
Stattdessen führt er den Freistoß sofort von der Stelle
aus, an der Sané den Ball hat fallen lassen. Danach kommt Eine konsequentere Regelumsetzung durch die Unpar-
es zu einer aussichtsreichen Torchance für Mönchen- teiischen in diesem Bereich würde sicherlich ebenfalls
gladbach, die vom Schalker Torwart Alexander Nübel dazu beitragen, dass solche unsportlichen Verhaltens-
mit einem Foulspiel unterbunden wird. Wegen dieser weisen – die leider zur Normalität geworden sind – wie-
„Notbremse“ ist „Rot“ für den Keeper die korrekte Strafe. der abnehmen würden.