Page 29 - DFB-Schiedsrichterzeitung 05-2019
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               ehn Meter im Sprint nach vorn, acht Meter in   Fahne auch tun. Wenn der Außenkreis erreicht ist, müs-  TE X T
               der Seitwärtsbewegung zurück und auf die glei-  sen sie auf ein Zeichen aus der seitlichen Bewegung   Alex Feuerherdt
          Z che Weise wieder nach vorn, dann zehn Meter   heraus in den Sprint kommen und dann zwischen zehn
          im Sprint an den Ausgangspunkt zurück. Und das Ganze   und 40 Metern zurücklegen.“
          in mehreren Wiederholungsschleifen. „Das ist der soge-
          nannte Coda-Test“, sagt Dieter Antretter. Der frühere   In einer anderen Übung gehen die Assistenten aus der
          Zehnkämpfer, 1979 deutscher Vizemeister in dieser   Seitwärtsbewegung in den Sprint über, laufen um einen
          „Königsdisziplin“ der Leichtathletik, ist der Fitness-  Wendepunkt herum und sprinten erneut, dann überque-
          coach der Bundesliga-Schiedsrichter und ihrer Assis-  ren sie entlang der Mittellinie das Feld und wiederholen
          tenten. „Coda steht für ‚Change of direction ability‘,   das Ganze auf der anderen Seite – mehrmals hinterein-
          also die Fähigkeit, schnell die Laufrichtung zu ändern“,   ander in kurzer Zeit. „Wir versuchen, den Anforderungen
          erklärt er. Dieser Test ist speziell für die Schiedsrichter-  an die Assistenten im Training möglichst realistisch Rech-
          Assistenten konzipiert, die ihn jährlich im Rahmen des   nung zu tragen“, erklärt Antretter. „Das heißt, klassische
          Trainingslagers der Bundesliga-Referees und ihrer   Spielsituationen werden darin abgebildet, um die Assis-
          Unterstützer an den Seitenlinien in Grassau am Chiem-  tenten bestmöglich vorzubereiten.“
          see absolvieren müssen. Seine Praxisnähe erschließt
          sich sofort, denn diese schnelle Abfolge von Sprints
          und seitlicher Fortbewegung kommt in jedem Spiel
          etliche Male vor.
          Der Coda-Test ist aber nicht der einzige, dem sich die
          Assistenten stellen müssen, sondern ein Part von ins-
          gesamt drei Bestandteilen der Laufprüfung. „Der zweite
          Test heißt ‚Repeated fast runs‘, auch Sprinttest genannt“,
          erläutert Antretter. „Bei ihm müssen die Assistenten
          fünfmal 30 Meter in einer vorgegebenen Zeit laufen
          und dazwischen die 30 Meter bis zum nächsten Start
          in 30 Sekunden zurücktraben.“ Der dritte Prüfungsteil
          ist der „High Intensity Test“ oder auch „HIT-Test“. Ihn
          müssen die Assistenten genauso bewerkstelligen wie
          die Schiedsrichter. „Dabei wird auf einer 400-Meter-
          Bahn nach einer festen Zeitvorgabe 40-mal nachein-
          ander eine Distanz von 75 Metern im Tempodauerlauf
          und eine Strecke von 25 Metern im Gehtempo zurück-                                       Fitnesscoach Dieter
          gelegt“, sagt Antretter. „Das heißt, am Ende stehen zehn   Ganz bewusst würden im Training die Pausen kurz gehal-  Antretter (rechts) hat
          Runden, also 4.000 Meter.“                  ten, weil es ja auch im Spiel vorkomme, dass der Assis-  für die Helfer an der
                                                      tent innerhalb weniger Augenblicke aus der Seitwärts-  Linie einen speziellen
                                                                                                   Trainingsplan
          Das ist ein anspruchsvolles Programm, das eine sehr   bewegung heraus in Richtung Tor sprinten müsse. Die   konzipiert.
          gute Vorbereitung voraussetzt. Im Training üben die   konditionellen Aspekte – also Schnelligkeit, Ausdauer,
          Assistenten deshalb diese Läufe, „die sehr wirklichkeits-  Kraft und Gewandtheit, aber auch die Regenerationsfä-
          nah sind, weil sie die Anforderungen während des Spiels   higkeit – seien dabei grundlegend. „Auf professionel-
          widerspiegeln“,  wie  der DFB-Fitnesscoach  sagt.  Ein   lem Niveau muss der Assistent in der Lage sein, in
          besonderes Gewicht werde im Trainingslager auf die   90 Minuten auch 50- oder 60-mal zu sprinten“, so Die-
          Beschleunigung auf den ersten zehn bis 15 Metern   ter Antretter. „Das muss sich im Training darstellen.“
          gelegt, trainiert werde in kurzen Zeitintervallen. „Das
          bedeutet: Auf eine Belastung folgt eine kurze Pause,   Die Bewegungsgewandtheit – der englische Fachtermi-
          dann wieder eine Belastung, dann wieder eine Pause.   nus lautet „Agility“ – ist ebenfalls ein Trainingsschwer-
          So wird auch die Regenerationsfähigkeit der Assisten-  punkt. Übungen, die in kurzer Abfolge Vorwärts-, Rück-
          ten trainiert.“                             wärts- und Seitwärtsbewegungen miteinander
                                                      verknüpfen, gehören deshalb ebenfalls zum Repertoire.
          Die Trainingsformen stellen vor allem auf die Situatio-  Sie werden teilweise mit Fahne in der Hand durchge-
          nen ab, die für die Assistenten im Spiel typisch sind: Sie   führt, sodass auch die Koordination trainiert wird. „Vor
          bewegen sich seitwärts zur Torlinie hin und müssen in   dem jährlichen Fitnesstest bekommen die Assistenten
          der Lage sein, aus dieser seitlichen Bewegung sofort in   von mir außerdem einen vierwöchigen Trainingsplan,
          den Sprint zu kommen, wenn das Spiel es erfordert, etwa   in dem jede einzelne Trainingseinheit detailliert beschrie-
          durch einen langen Ball in die Spitze. Auch die durch   ben ist“, betont Antretter. Das sei besonders wichtig,
          die Fahne bedingte Armhaltung in solchen Situationen   wenn der Laufprüfung eine mehrwöchige Spielpause
          wird trainiert.                             vorangegangen sei. „So soll auch Verletzungen vorge-
                                                      beugt werden.“
          Antretter nennt ein Beispiel für eine Übung: „Um den
          Mittelkreis wird in zehn Meter Entfernung ein weiterer   N I C H T S W I R D D E M Z U FA L L Ü B E R L A S S E N
          Kreis gezogen. Die Assistenten müssen aus dem Innen-
          kreis die zehn Meter seitlich zum Außenkreis hin beschleu-  Die Professionalisierung der Schiedsrichter-Assistenten
          nigen und dabei die Arme so halten, wie sie es mit der   ist in den vergangenen Jahren deutlich vorangeschrit-
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