Page 30 - DFB-Schiedsrichterzeitung 05-2019
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ten, nichts wird dem Zufall überlassen, auch nicht im der Schiedsrichter und ihrer Assistenten im Amateur-
körperlichen Bereich. Dass die Assistenten im Laufe der bereich.
Zeit immer wichtiger geworden sind und sowohl spe-
zieller Trainingsmaßnahmen als auch einer auf sie zuge- Früher hätten die Linienrichter, wie sie bis 1996 hießen,
schnittenen Fortbildung bedürfen, zeigt sich daran, „eher als reine Helfer des Schiedsrichters fungiert“, sagt
dass ihr Headcoach Jan-Hendrik Salver mittlerweile als Geyer, heute seien die Assistenten „ein wichtigerer
hauptamtliche Kraft beim DFB arbeitet, also in Vollzeit Bestandteil bei der Gesamtleitung des Spiels“. Ohnehin
für sie da ist. werde die Zusammenarbeit im Gespann mittlerweile
„eher unter dem Teamgedanken gesehen“. Das Spiel sei
Als Coaches zur Seite stehen ihm die ehemaligen Bun- selbst in den unteren Klassen „schneller und athletischer
desliga-Assistenten Christian Fischer, der für die Bun- geworden, deshalb ist auch das Amt des Assistenten
desliga und die 2. Bundesliga zuständig ist, und Sönke mit größeren Herausforderungen verbunden“.
Glindemann, der sich fortan um die Drittliga-Assistenten
kümmert. „Gerade im Bereich der 3. Liga haben wir Die Veränderungen in den Spielsystemen beeinfluss-
unsere Schulungsaktivitäten für die Assistenten noch ten ebenfalls die Tätigkeit der Assistenten, wie Geyer
einmal intensiviert“, sagt Salver. So gibt es nun neben weiß: „Früher stand und fiel die Abseitsbeurteilung im
einem Tageslehrgang für sie auch eine Halbzeittagung, Wesentlichen mit dem Libero, heute gibt es Dreier- und
auf der sie zusammenkommen. Viererketten, die sich ständig verschieben. Da wird es
mit Blick auf Abseitsentscheidungen komplexer und
„Wir müssen sehr gute Assistenten komplizierter.“
frühzeitiger als bislang spezialisie- S P E Z I A L I S IE R U N G K Ü N F T I G S C H O N
IM A M AT EU RB E RE I C H
ren und ihnen diesbezüglich eine Zudem gebe es inzwischen auch im Amateurbereich oft-
Perspektive aufzeigen.“ mals Kameras, mit denen Entscheidungen überprüft wer-
den könnten, deshalb hätten die Assistenten „in diesem
Bereich ein bisschen mehr Druck“. Gleichzeitig böten die
Helmut Geyer, stellvertretender Vorsitzender DFB-Schiedsrichter-Ausschuss
Videoaufzeichnungen für sie eine Chance, um zu lernen
und sich zu verbessern. „Anhand des Bildmaterials kön-
Der derzeitige Fokus liege „auf der Optimierung von nen sie beispielsweise sehen, ob sie in bestimmten Situ-
Standardprozessen in der Tätigkeit der Assistenten, vor ationen gut positioniert waren, ob die Fahne womöglich
allem beim Abseits und bei der Zusammenarbeit im zu früh kam und vieles mehr“, sagt Helmut Geyer.
Team“. Das seien auch die wichtigsten Aspekte bei den
Fortbildungen der Assistenten in den Junioren-Bundes- Generell seien die Anforderungen an die Assistenten
ligen. Rund 160 Schiedsrichter versehen dieses Amt in auch im Amateurbereich größer geworden: „Von ihnen
den höchsten Junioren-Spielklassen des DFB, „sie wer- werden eine große Flexibilität und Anpassungsfähig-
den nach regionalen Kriterien auf insgesamt fünf Lehr- keit erwartet, nicht zuletzt mit Blick auf die Bedürfnisse
gänge verteilt, die zwischen Oktober und Dezember des Schiedsrichters. Manche Referees haben es lieber,
stattfinden“, wie Salver erläutert. wenn die Assistenten sich defensiv verhalten, andere
dagegen sagen: ‚Unterstütz mich, wo du nur kannst,
Diese durchweg jungen Unparteiischen seien eine Nach- und wenn du etwas wahrnimmst, gib mir eine Hilfe-
wuchshoffnung, auch als Assistenten, deshalb „müssen stellung‘, sei es durch verdeckte Zeichen, durch Piep-
und werden wir uns in Zukunft noch mehr um sie küm- ser mit der Funkfahne oder, wenn vorhanden, über das
mern als bisher“. Headset.“
Ein künftiger Schwerpunkt werde dabei die Schulung Anders als in früheren Jahren werde es längst nicht mehr
im Bereich der Kommunikation im Team sein, kündigt als Zeichen von Schwäche angesehen, wenn der Schieds-
der 50-Jährige an: „Da immer mehr Gespanne auf richter den direkten Austausch mit seinen Assistenten
Headsets zurückgreifen, besteht hier ein erhöhter suche. „Die Spielleitung ist ja etwas Gemeinsames“,
Bedarf.“ Die Interaktionen müssten kurz, präzise und betont Geyer. „Und wenn keine Headsets zur Verfügung
unmissverständlich sein, sagt er, daran gelte es zu stehen, soll der Unparteiische im Bedarfsfall auch das
arbeiten. „Wir wollen dabei behilflich sein, diese Tech- unmittelbare Gespräch mit dem Assistenten an der Sei-
nik möglichst gewinnbringend zu nutzen und Mög- tenlinie suchen. Oberste Priorität ist immer, dass am
lichkeiten einer effektiven, zielführenden Kommuni- Ende die richtige Entscheidung steht.“
kation aufzuzeigen.“
Oftmals gehe es auch gar nicht mehr ohne Kommuni-
Die Bedeutung der Schiedsrichter-Assistenten ist aber kation, etwa beim Abseits: Wer war zuletzt am Ball?
auch im Amateurfußball deutlich gestiegen, wie Hel- Wurde der Ball absichtlich vom Verteidiger zum Angrei-
mut Geyer bestätigt. Der 66-Jährige gehört dem fer im Abseits gespielt oder unkontrolliert abgefälscht?
Schiedsrichter-Ausschuss des DFB seit 2010 an und Stand der Spieler im Sichtfeld des Torhüters? Diese Fra-
ist Vorsitzender der Schiedsrichter-Kommission Ama- gen müsse man gemeinsam klären. „Wenn man das dann
Jan-Hendrik Salver
arbeitet im Elite- teure seit deren Gründung im Jahr 2013. Entsprechend noch kurz gegenüber den Spielern kommuniziert, ist es
Bereich als Headcoach. intensiv verfolgt er seit vielen Jahren die Entwicklung optimal.“