Page 6 - DFB-Schiedsrichterzeitung 02-2021
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mancherorts noch in einer Entfernung von 1,5 Kilome-
tern zu hören.
Für den 41-Jährigen ist die Pfeife eines von mehreren
Kommunikationsmitteln. Das meiste versucht er verbal
und nonverbal zu lösen, also mit (An-)Sprache bezie-
hungsweise Mimik und Gestik. „Ich habe die Pfeife grund-
sätzlich nie im Mund, auch nicht nach einer Entschei-
dung“, verrät er und verweist auf internationale
Begegnungen. Lange Zeit war es Usus bei FIFA und UEFA,
dass Unparteiische nach Entscheidungen die Pfeife im
Mund behalten sollten, um nicht in Verdacht zu geraten,
zu den Spielern etwas Falsches oder gar Beleidigendes
zu sagen. „Ich fühle mich nicht wohl dabei, wenn ich die
Pfeife weiter im Mund behalte. Schließlich muss man
spätestens seit der Einführung des Headsets und Video-
Referees schnell in der Lage sein, zu kommunizieren.“
Außerdem sei die Ansprache nach dem Pfiff mindestens
genauso wichtig wie der Pfiff selbst, so Hartmann.
Kommunizieren könne man übrigens auch mit der Pfeife
selbst, ergänzt Lutz Wagner. „Du kannst mit der Pfeife
arbeiten, ohne dass du pfeifst.“ Zum Beispiel beim Frei-
stoß. Da hebt der Schiedsrichter die Pfeife in die Höhe
Nach einer Ent schei-
dung sollte man die und deutet darauf. Er will signalisieren: Nur mit Pfiff geht
Pfeife nicht im Mund es weiter. „Das versteht jeder Zuschauer, auch wenn er
behalten. noch so weit weg ist. Wenn der Stürmer dann zu früh
Kurioses und Ungewöhnliches
Pfiff und Fahne Immer eine Lösung parat
Schiedsrichter, die ein Spiel von Gehörlosen leiten, Die Ersatzpfeife zu Hause vergessen oder in der Kabine
haben neben der Pfeife auch eine Assistenten-Fahne liegen gelassen – und dann geht die Pfeife während
in der Hand. So signalisieren sie auf dem Platz ihre des Spiels verloren oder kaputt, beispielsweise wenn
Entscheidungen per Ton, aber auch visuell. Die Mit- der Schiedsrichter das Mundstück abgebissen hat. Nun
spieler merken relativ schnell, wenn ein oder mehrere ist guter Rat teuer! Aber Schiedsrichter wären nicht
Akteure stehen geblieben sind, nachdem der Unpar- Schiedsrichter, wenn ihnen dazu spontan keine Lösung
teiische die Partie unterbrochen hat. Sie blicken dann einfiele. Einfachste Variante: Ich habe zwei Assisten-
zum Schiedsrichter und erkennen, dass er die Fahne ten dabei und mindestens einer von ihnen hat eine
gehoben hat. Es lag also ein Vergehen vor, das er mit Ersatzpfeife in der Tasche. Auch eine Möglichkeit: Ich
einem Pfiff geahndet hat. Mancher Spieler in diesen bitte einen Vereinsvertreter um eine Ersatzpfeife.
Mannschaften hat ein Rest-Hörvermögen von weni- Schließlich hat doch jeder Trainer in seinem Fundus
gen Prozent, sodass er das Pfeifsignal noch schwach eine Trillerpfeife, und das Sportheim ist in der Regel
wahrnehmen kann. auch nicht weit. Komplizierter wird es, wenn dies alles
nichts hilft. Nach unbestätigten Aussagen älterer
Frostschäden Kameraden soll es schon Schiedsrichter gegeben
haben, die das Spiel dann durch Pfeifen mit den Fin-
Trillerpfeifen bergen die Gefahr, dass sie im Winter gern (Zeige- und Mittelfinger; Zeigefinger und Dau-
bei frostigen Temperaturen ihren Geist aufgeben: Die men; Ring- und kleiner Finger zusammen etc.) zu Ende
Kugel im Gehäuse ist in Verbindung mit der Atemluft gebracht haben. Oder indem sie – wie vor der Erfin-
und dem Speichel, der sich beim Hineinpusten dort dung der Trillerpfeife – zwangsweise auf eine Spiel-
angesammelt hat, eingefroren. Schmerzhaft wird es, leitung durch verbale Intervention umstellten: Dann
wenn bei eisiger Temperatur Metallpfeifen während wurde halt einfach „Foul“ – „Stopp“ – „Abseits“ geru-
einer Spielleitung frieren: Dann droht die Lippe auf- fen .
zureißen. Immer wieder, also auch im Sommer, kann
es passieren, dass sich die Kugel im Schlitz des Hohl- Unangenehme Lautstärke
körpers verfängt und verklemmt. Wie gut, wenn man
in solchen Fällen eine Ersatzpfeife dabeihat. Oder erst So ein Pfiff aus einer Fox 40 kann schon mal 115 Dezi-
gar keine Trillerpfeife mit Kugel. bel und mehr erzeugen. Nahe am Trommelfell ist das