Page 7 - DFB-Schiedsrichterzeitung 02-2021
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          ausführt und deswegen ‚Gelb‘ sieht, heißt es: Der Schieds-
          richter hat es ihm doch klar zu verstehen gegeben, dass
          der Ball gesperrt ist.“

          Wenn eine geraume Zeit auf dem Spielfeld nichts pas-
          siert, lohnt es sich, die Pfeife gezielt einzusetzen und
          damit buchstäblich ein Signal zu setzen. Wagner: „Wenn
          ich nach zehn bis 15 Minuten Langeweile im Anschluss
          an ein rustikales Foul einen beherzten, lauten Pfiff setze,
          gebe ich zu erkennen: Hoppla, ich – der Schiedsrich-
          ter – bin ja auch noch da!“ Der Unparteiische müsse ein
          Gespür entwickeln, was die jeweilige Situation erfordere,
          sagt der Lehrwart.

          Wobei wir bei der Farbe der Pfeife wären. Hartmann
          berichtet von einem vorübergehenden Spleen, dass
          Schiedsrichter die Farbe der Pfeife der ihres jeweiligen
          Trikots anpassen. Davon sei man aber weitgehend abge-
          kommen. Er selbst schwört auf Schwarz. „Ist kein Aber-
          glaube, eher Macht der Gewohnheit“, verrät der Allgäuer.
          Dass Referees bisweilen sehr modebewusst sind, weiß
          auch Lutz Wagner. Dennoch empfiehlt er stets die Farbe
          Schwarz bei der Wahl der Pfeife. Warum? „Bei einem
          Schiedsrichter, der eine farbige Pfeife leuchtend wie ein
          Textmarker hat und selbst ein schwarzes Trikot trägt,                                    Und auch beim Sprint
          sieht man jedes Mal, wenn seine Pfeife zum Kopf hoch-                                    gehört die Pfeife
          und runtergeht. Das wirkt unsicher. Gib der Pfeife nur                                   besser in die Hand.



          gefährlich. So soll ein junger Unparteiischer bei einem   Wagner. Von Köln bis Mainz-Hauptbahnhof, wo das
          Hallenturnier mit seinen allzu forschen Pfiffen alle   Team ausstieg, waren an diesem Tag alle Getränke frei.
          gegen sich aufgebracht haben – aber nicht dadurch,
          was er pfiff, sondern weil er so laut pfiff. Alle in der   Sportcast-Mitarbeiter als wertvolle Hilfe
          spärlich besetzten Halle fragten sich: Muss das sein?
          Deshalb merke: Man braucht in solchen Fällen nicht   Jeder Unparteiische weiß es: Bisweilen ist es schwie-
          in seine Pfeife hineinzupusten, als ob man die Fenster   rig, die Teams so rechtzeitig zum Verlassen der Kabi-
          der Halle zum Bersten bringen möchte. Im Gegensatz   nen zu bewegen, dass pünktlich zum Anstoß gepfiffen
          dazu weiß der erfahrene Schiedsrichter, wie er unwil-  werden kann. Gerade an Spielorten, wo der Weg von
          lige Spieler in einer Mauer kurz vor der Ausführung   der Umkleide zum Platz weit ist, ist das eine zusätzli-
          eines Freistoßes am besten auf die gewünschte Dis-  che Herausforderung. Robert Hartmann machte aus
          tanz bringt: durch einen lauten Pfiff oder einen Stot-  der Not eine Tugend. Er schenkte in Bremen einem
          terpfiff. Aber bitte beachten: Immer unter Wahrung   Mitarbeiter von Sportcast (Produzent der TV-Bilder)
          der Abstandsregel – Corona lässt grüßen! Aber in die-  eine Fox 40. „Ich habe ihn gebeten, selbst zu pfeifen,
          sem Fall besteht keine Gefahr der Ansteckung, son-  um die Mannschaften aus der Kabine zu bitten. Das
          dern von Gehörschäden.                      hat geklappt.“ Seitdem muss sich der 41-jährige Bun-
                                                      desliga-Referee zumindest in Bremen nicht mehr
          Endlich mal ’ne richtige Pfeife!            darum kümmern. Eine Aufgabe weniger.

          Auf einer seiner vielen Fahrten mit der Bahn quer   Experte für Schlusspfiffe
          durch die Bundesrepublik hat Lutz Wagner – selbst
          nie um einen Spaß und einen lockeren Spruch verle-  Eine witzige Wette gab es zu Thomas Gottschalks Zei-
          gen – einem Zugchef versprochen: „Heute kriegen Sie   ten im Samstagabend-Programm des ZDF: Ein
          mal eine richtige Pfeife von mir.“ Gesagt, getan: Wag-  Zuschauer bewarb sich, weil er behauptete, den jewei-
          ner überreichte ihm eine Fox 40 aus seinem Fundus.   ligen Abpfiff eines jeden Bundesliga-Schiedsrichters
          Beim Zwischenhalt am Kölner Hauptbahnhof nahm   an seiner Art und Lautstärke zu erkennen. Weil die
          der Bahnmitarbeiter das Ding gleich in Betrieb. „Der   Wette so originell und außergewöhnlich war, wurde
          hat den Zug mit einer derartigen Lautstärke aus der   sie für die Sendung „Wetten, dass ...“ zugelassen. Alle
          neuen Pfeife abfahren lassen, da sind gleich alle auf   Referees in der höchsten deutschen Spielklasse beka-
          dem Bahnsteig in Deckung gegangen“, beschreibt der   men zur Vorbereitung die Aufgabe, ihren individuel-
          DFB-Lehrwart den Moment und muss dabei laut lachen.   len Schlusspfiff aufzunehmen und ihn dem Sender zu
          Zum Dank zog der begeisterte Zugchef ein Gutschein-  schicken. Der Bitte kamen sie natürlich nach. Wie die
          heft heraus und überreichte es dem Team um Lutz   Wette letztlich ausging, ist nicht mehr bekannt.
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