Page 11 - DFB-Schiedsrichterzeitung 02-2021
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          Ist sie bereits im Einsatz?

          Klee: Insbesondere beim Handball, sogar in der Bun-
          desliga. Der Handballverband hat gesagt: Wir sind eine
          Indoor-Sportart, da kommt es bei einem Pfiff zu einem
          vermehrten Ausstoß von Aerosolen und das entspricht
          nicht den gängigen Hygieneregeln. Deshalb haben sie
          auf die elektrische Pfeife umgestellt.

          Ist das die einzige Veränderung, die die Corona-Pan-
          demie gebracht hat?

          Klee: Nein. Es gibt inzwischen auch schon Mund-Nasen-
          Schutz-Stoffmasken mit einem eigenen Beutel für die
          Pfeife vorne dran. Die werden vorwiegend im Basketball
          verwendet, wo die Schiedsrichter ihre Pfeife fast immer
          im Mund halten. Das sieht durchaus lustig aus ... Außer-
          dem gibt es für die herkömmlichen Pfeifen nun eigene
          kleine Stoffbeutelchen, die man mit einem Klettver-                                      Einen Fingerbügel für
          schluss verschließen kann. So ist die Pfeife sicher ein-                                 ihre Pfeife benutzen
          gepackt – vergleichbar mit einem Mikrofon beim Inter-                                    vor allem die Referees
          view – und vor dem Coronavirus hoffentlich sicher …                                      beim Eishockey.






               Das erste Mal


               Erfunden wurde die Trillerpfeife im Mutterland   Nach übereinstimmenden Berichten wurde im
               des Fußballs, in England. Die Londoner Polizei   Jahr 1878 erstmals eine Messingpfeife ohne
               hatte einen Wettbewerb ausgerufen, weil sie nach   Kugel in einem Fußballspiel des Nottingham
               einer Möglichkeit suchte, die Aufmerksamkeit von   Forest Football Club eingesetzt. Auch diese
               Bürgern und anderen Einsatzkräften im Streifen-  wurde von Werkzeugmacher Joseph Hudson
               dienst zu erregen. Die bis dato verwendeten Ras-  hergestellt, der ein Faible für Pfeifen hatte. Zuvor
               seln hatten sich für diesen Zweck als unpraktisch   hatten die Schiedsrichter noch mit Taschentü-
               herausgestellt.                        chern gewedelt, um den Spielern ihre Anweisun-
                                                      gen zu geben. Kein zuverlässiges Verfahren, um
               Werkzeugmacher Joseph Hudson aus Birmingham   ein faires Spiel zu gestalten. Die (Triller-)Pfeife
               wollte sich an diesem Wettbewerb beteiligen. Er   war die Rettung.
               tüftelte und tüftelte. Der Geistesblitz kam aber
               erst, als dem begeisterten Hobby-Violinisten eines   1884 entdeckten die Neuseeländer am anderen
               Tages seine Violine versehentlich auf den Boden   Ende der Welt die Pfeife für sich – jedoch nicht
               gefallen war. Während Steg und Saiten zerbarsten,   im Fußballsport, sondern beim Rugby. Laut „Arti-
               gaben sie einen außergewöhnlichen, schrillen   kelmagazin“ sahen viele Mannschaftsspiele zwar
               Klang von sich. Das weckte seinen Ehrgeiz, diesen   schon früh einen Schiedsrichter vor, um ein Spiel
               Klang mit einer Pfeife nachzuahmen.    zu leiten, aber er musste sich ohne Hilfsmittel
                                                      Gehör verschaffen. Keine leichte Sache im Tumult
               Wie auf der Internetseite des Deutschen Patent-   eines Spiels, zumal bei johlender Zuschauer-
               und Markenamtes nachzulesen ist, entwickelte   menge.
               Hudson eine aus einem Hohlraum bestehende
               Pfeife, in die eine kleine, erbsengroße Kugel ein-  William Harrington Atack, selbst aktiver Sportler,
               gebracht war (daher der englische Name „pea   „schiedste“ Rugbyspiele. Er hatte irgendwann die
               whistle“). Deren Bewegung im Hohlraum erzeugte   Nase voll vom Geschrei auf dem Feld. Als er zufäl-
               das typische Trillern der Pfeife, das ihr im Deut-  lig einmal in seine Westentasche griff, fand er dort
               schen den Namen gab. Die erstaunliche Lautstärke   eine Hundepfeife. Das brachte ihn auf eine Idee.
               der Trillerpfeife machte sie für die Londoner Poli-  Er nahm im Juni 1884 seine Hundepfeife mit auf
               zei interessant. Mit einem Großauftrag von 7.000   den Platz. Vor dem Spiel hatte er die Erlaubnis der
               Stück durfte Hudson gleich mit seiner Erfindung   beiden Rugby-Mannschaften erbeten, die Pfeife
               in Serienproduktion gehen, schreibt „Sportinsider“   einsetzen zu dürfen. So kam die Schiedsrichter-
               über die Geschichte der Trillerpfeifen.  pfeife das erste Mal aufs Rugby-Feld.
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