Page 6 - DFB-Schiedsrichterzeitung 2/2018
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Manche Teams sind Multikulti-Mannschaften, nicht fach tun. Er ist schließlich der Spielleiter und Chef. Im
nur in der Bundesliga, sondern auch auf den Amateur- Idealfall merken es die Assistenten mindestens gleich-
Plätzen. Wie sieht es dann mit der sprachlichen Ver- zeitig, dass es jetzt angebracht ist, und winken entspre-
ständigung aus? chend offensiver. Frei nach dem Motto: Es gibt nichts
Für mich persönlich gehört dann auch Englisch dazu. Gutes, außer man tut es. Oder wie ein Beobachter mal
Manchmal krame ich sogar mein Schul-Russisch raus. gesagt hat: „Wer es auf dem Spielfeld tut, muss es hin-
Aber das ist im Endeffekt zweitrangig. Denn wenn ich terher nicht mit dem Beobachter: handeln!“
eine ultimative Ermahnung ausspreche, wird das jeder
Spieler durch Mimik und Gestik unmissverständlich In welchen Situationen sollte er sonst noch agieren
begreifen, auch wenn ich das auf Deutsch oder Schwä- statt reagieren?
bisch mache. Erinnern wir uns an Pierluigi Collina: Der Es wird immer wieder Szenen geben, in denen der
musste die Spieler nur anschauen, und jeder wusste, Schiedsrichter einfach nur reagieren und sie entspre-
was er meinte. chend ahnden muss. Aber er sollte zum einen dafür sor-
gen, dass deren Anzahl überschaubar bleibt, weil er das
Wenn Sie mit einem Spieler gar nicht klarkommen eine oder andere durch gelungene Kommunikation ver-
oder er mit Ihnen nicht: Schalten Sie den Spielführer hindert hat, und zum anderen sollte er sein Gespür für
ein oder gar den Trainer? Wie geht so etwas? Man will das Spiel so weit verfeinern, dass er möglichst von nichts
ja keine Petze sein … überrascht wird. Dann hat er schon vieles richtig gemacht.
Das kommt zum Glück selten vor. Aber es hat auch schon
bei mir Fälle gegeben, da habe ich dem Trainer gesagt, Wie lautet Ihr Fazit zum Thema „Agieren statt rea-
entweder wechselt er den Spieler aus oder ich – bei mir gieren“?
kommt dann allerdings kein neuer nach … Das hat nichts Richtig reagieren ist schon gut, passend agieren ist noch
mit Petzen zu tun, im Gegenteil: Ich schütze den Spieler besser. Herzstück ist dabei die Kommunikation, die so
in dem Fall vor sich selbst. Auch einem Mannschafts- viele Facetten bietet, dass jeder seine persönliche, zu
kollegen, zu dem man einen guten Draht hat, zu sagen, ihm passende Art herausfinden kann. Wichtig ist auch,
er solle auf den Spieler einwirken, sonst gehe das nicht dabei authentisch zu wirken und anderen mit Respekt
mehr lange gut, halte ich für ein probates Mittel. Haupt- zu begegnen – das ist eine Frage der inneren Haltung.
sache, es ist respekt- und wirkungsvoll. Und schließlich braucht es ein Gespür für Menschen
und Situationen, das man immer weiter verfeinern und
Wie kann ein Referee seine Assistenten einbinden und verbessern kann, wenn man bereit ist, sich weiterzuent-
ihnen mitteilen, dass er seine Spielleitung ändert und wickeln. Und wenn mal was schiefgeht – na und? Man
die Zügel jetzt anzieht? darf und soll schließlich ruhig merken, dass auch wir
Ich finde, das muss er gar nicht mitteilen, sondern ein- Schiedsrichter Menschen sind.
KÖRPERSPRACHE
EINSETZEN
Ein Schiedsrichter kommuniziert nicht nur durch seinen
Pfiff oder durch Worte. Er wird auch das ganze Spiel über
wahrgenommen durch seine Körpersprache, Gestik und Mimik.
ENTSCHEIDUNGEN
ERKLÄREN
Es lohnt sich, einem Spieler auch mal eine Entscheidung zu
erläutern. Aber Vorsicht, bitte nicht nach jedem Pfiff! Denn
Spieler und Schiedsrichter bewegen sich auf dem Fußballplatz
und nicht in einem Konferenzsaal.